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"Polizeiruf 110" "Polizeiruf 110: Angst heiligt die Mittel" aus Rostock: Dieser Krimi will zu viel

Von Anne Burgmer 01.01.2017, 12:47
Die Kommissare Bukow und König mit dem Verdächtigen Kukulies.
Die Kommissare Bukow und König mit dem Verdächtigen Kukulies. NDR

Köln/Rostock - In einem Dorf bei Rostock ist eine Frau ermordet worden. Die betrunkene Obdachlose wurde misshandelt und vergewaltigt. Für die Dorfbewohner steht sofort fest, wer die Tat begangen hat. Martin Kukulies (Markus John) und Peter Buschke (Maciej Sakanib), zwei erst kürzlich entlassene Straftäter, die zum Leidwesen der Bewohner in die Nachbarschaft gezogen sind. Als dann noch die Fingerabdrücke von Kukulies auf der Bierflasche, mit der die Frau misshandelt wurde, gefunden wird, scheint der Fall klar. Doch für Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Sascha Bukow (Charly Hübner) passt das alles ein bisschen zu gut zusammen. Warum sollte ein verurteilter Vergewaltiger wie Kukulies eine Frau direkt vor seiner Haustür ermorden und die Leiche einfach liegenlassen?

Hinter den Klinkerfassaden des beschaulichen Örtchens lauern viele Geheimnisse, so viel ist schnell klar. Mittelpunkt des Dorflebens ist die von Wirtin Birthe Kriener (Ramona Kunze-Libnow). Gesoffen wird hier noch wie früher – und geschimpft auf die, die man loswerden will. Vor diesem Hintergrund zeichnen Susanne Schneider (Drehbuch) und Christian von Castelberg (Regie) ein Bild verrohten und verlogenen Dorfgemeinschaft. Die privaten Probleme Bukows, dessen Vater im Koma liegt, und die Karrierepläne Königs, die eine neue Stelle in Berlin hat, kommen da eher am Rande vor.

ARD verschiebt Sonntagabendkrimis gleich doppelt

Dass dieser „Polizeiruf 110“ am 1. Januar läuft, ist das Ergebnis eines ziemlichen Hin und Hers. Eigentlich sollte an Neujahr der Dortmunder „Tatort: Sturm“ laufen. Doch der brisante Fall schildert den Terroranschlag eines Islamisten und das war den Verantwortlichen der ARD zu nah an den Ereignissen auf dem Berliner Weihnachtsmarkt. Man beschloss, die Ausstrahlung nach hinten zu verschieben. Ersatz sollte der „Tatort“ mit dem Titel „Väter und Söhne“ sein. Doch nach Intervention des Saarländischen Rundfunks wurde dieser wieder vom Neujahrstag auf den ursprünglich geplanten Termin am 29. Januar verschoben, weil der Sender erst einmal die Vorabpremiere des Films auf dem Saarbrücker Max-Ophüls-Festival Ende Januar abwarten wollte. Warum man sich darüber nicht vorher verständigte, bleibt allerdings schleierhaft.

Nun läuft also gar kein „Tatort“, sondern ein „Polizeiruf“ und das ist ja oft keine schlechte Neuigkeit. So überzeugen auch in diesem Fall die beiden Hauptdarsteller, die zu den besten Ermittlern des ARD-Sonntagabends gehören. Auch der Fall ist interessant, wirft er doch die Frage auf, wie die Gesellschaft mit Menschen umgehen will, die ihre Strafe verbüßt haben, denen aber trotzdem niemand verzeiht und deren Resozialisierung daher beinahe unmöglich ist. Leider flacht der Film zum Ende hin ziemlich ab und will letztlich zu viel. Da wäre die Konzentration auf die Dorfgemeinschaft besser gewesen.