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TV-Kritik "Maybrit Illner" "Maybrit Illner": ZDF-Sendung mal ganz ohne Polemik Zankerei und Drama

Von D.J. Frederiksson 07.04.2017, 04:48

Frankfurt - Wenn allein im Sendungstitel drei große Problemstaaten auftauchen, darf man sich eigentlich nicht wundern, wenn die Talkrunde etwas zerfahren wird. Tatsächlich hat man immer wieder den Verdacht, dass es ursprünglich nur um Trumps Russland-Connection gehen sollte, bevor der Giftasangriff von Idlib Syrien noch mit auf die Agenda brachte. Solche thematisch vagen last-minute-Diskussionen können aufgrund mangelnder Vorbereitung gerne mal fahrig, hektisch und konfrontativ laufen. Gestern abend durfte man mitansehen, dass es auch besser geht.

Die Gäste waren informativ, klug, konstruktiv und respektvoll. Wie konnte das passieren? Nun, die Journalistendichte hat natürlich geholfen: Mit dem stellvertretenden ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen und dem CNN-Korrrespondenten Frederik Pleitgen saßen gleich zwei Spezialisten für Außen- und Sicherheitspolitik am Tisch, die kein Interesse an Selbstprofilierung hatten, dafür aber umso mehr Erfahrung in der Vermittlung von komplexen Zusammenhängen.

Altmaier gibt Wagenknecht recht – zwei Mal

Die anwesenden Politiker derweil gebärdeten sich uncharakteristisch versöhnlich. Vor allem CDU-Kanzleramts-Chef Peter Altmaier, der einzige Amtsträger der Runde, der sich entsprechend nicht verhaspeln wollte, gab sich höflich und respektvoll gegenüber fremden Regierungschefs – und gegenüber seinen Mitdiskutanten.

Dass er dabei gleich zweimal der Linken-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht Recht gab, zeugte nicht nur von einer entspannten Runde, sondern auch davon, dass die sonst oft bittere Polemikerin einige durchaus vernünftige Beiträge brachte, als sie zum Beispiel die Politik der reinen militärischen Intervention ohne exakten Demokratisierungsplan verurteilte. Selbst Ralph Freund, Vizepräsident der „Republicans Overseas“ und gerne genommener deutscher Trump-Versteher, wurde geduldet.

Woher kommt die Harmonie – vor allem im Wahljahr?

Woher plötzlich all die Harmonie, erst recht in einem Wahljahr? Nun, die vielfältigen Verknüpfungen von Russland, den USA und Syrien erscheinen gerade aus deutscher Sicht recht weit entfernt. Außerdem versuchten alle Teilnehmer vergeblich, Schritt zu halten mit den immer neuen Entwicklungen und den stündlich wechselnden Ankündigungen der Trump-Regierung. Natürlich wollte man sich positionieren, aber niemand wusste, wo die Positionen sind. Der „Nebel des Krieges“, wie Clausewitz es einst genannt hat, ist einfach zu dicht.

Die rasant gestiegen internationale Unsicherheit scheint also ein gewisses Zusammenrücken der deutschen Politik zur Folge zu haben. Es soll bessere Beziehungen zu Russland geben, aber mit klaren Regeln. Der Wahlprozess in Deutschland soll geschützt werden. In den Kernpunkten sind sich dann irgendwie auch alle einig. Und der Rest des Themas zu komplex, um sich damit wirklich zu profilieren.

Eine Sendung ganz ohne Polemik, Zankerei und Drama

Selbst wenn jemand Quatsch erzählte, wenn Wagenknecht wieder Verschwörungstheorien verbreitete oder Freund Trumps bisherige innenpolitische „Erfolge“ herbeireden wollte und „Beinfreiheit“ für ihn forderte, dann wurde das von den Mitdiskutanten höflich niedertoleriert und das Thema gewechselt.

Und auch Illner selbst musste nur manchmal milde eine Rückkehr zum Thema anmahnen, wenn etwa Altmaier das ohnehin schon breite Thema auch noch um China und den Klimaschutz erweitern wollte. So entstand eine Diskussion, die tatsächlich Fakten und Meinungen zusammengetragen hat, Komplikationen aufgezeigt und schwierige Sachverhalte von verschiedenen Seiten beleuchtet hat. Und all das ohne Polemik, Zankerei und Drama. Und diese Variante gibt es viel zu selten.