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Brexit-Talk bei "Maybrit Illner"  "Maybrit Illner": Susanne Schmidt glaubt an David Camerons Ende

Von Daland Segler 24.06.2016, 08:00
Schmidt (2.v.r.) wird von Maybrit Illner (m.) befragt.
Schmidt (2.v.r.) wird von Maybrit Illner (m.) befragt. Screenshot ZDF-Mediathek

Berlin - Der geladene Gegner trat nicht an: Arron Banks, Brexit-Befürworter und Mit-Initiator der Kampagne "Leave.EU" war angekündigt worden zu Maybrit Illners Sendung mit dem Titel "Zittern vor dem Brexit – was wird aus Europa?" Aber Banks hatte immerhin einen Vertreter entsandt. So saß der Immobilien-Unternehmer Richard Tice im Londoner Studio und erklärte in wohlgesetzten Worten, warum die Briten die EU verlassen müssten: um die Kontrolle über ihr Land zurückzugewinnen.

„Denn die „verschwenderische und korrupte Bürokratie aus Brüssel“, die brauche man nicht. Und man sei ja nicht gegen die Einwanderer. Überhaupt sei die Abstimmung über den Verbleib der Briten in der EU doch ein „Fest der Demokratie“. Aber dann jonglierte er, ein Wolf im Schafspelz, doch mit den Zahlen über Einwanderung und bestätigte damit ein Motiv der „Brexit“-Anhänger: Fremdenfeindlichkeit.

„Brexit“-Gegner unter sich

Bald darauf verabschiedete Maybrit Illner den Gast aber wieder, und so blieben die „Brexit“-Gegner im ZDF-Studio unter sich und malten sich, gestützt von diversen Einspielern der Redaktion, fast lustvoll aus, welches Fiasko wir zu erwarten hätten, stiegen die Briten wirklich aus. Dabei hatten alle Anzeichen darauf hingedeutet, dass die „Remain“-Fraktion die Abstimmung gewinnen würde – wie es sich dann auch in der ersten Prognose kurz nach 23 Uhr abzeichnete. Man bekam den Eindruck, da wurde doch ein böser Popanz beschworen, denn sowohl die Beiträge der Gäste in der Runde wie auch die Filmausschnitte schilderten die Folgen eines Ausstiegs als so drastisch und schädlich, dass der geneigte Zuschauer sich fragte, wie überhaupt jemand auf die Idee kommen konnte, solch einen Unsinn zu propagieren.

Aber natürlich können die EU-Gegner auch gute Gründe nennen, und wenn sich Anton Börner, der Präsident des Außenhandelsverbands, auch gegen Tices Wort „korrupt“ verwahrte, so legte er doch den Finger auf die Wunde: „Man muss unter der Flagge der EU den Menschen ein Gefühl für ihre Heimat geben“, forderte er, denn er hatte ein bestimmtes „Momentum, sich aus der Klammer der EU zu lösen“ ausgemacht. Diesen Pfad hätte die Moderatorin weiterverfolgen müssen, aber der Fahrplan sah zunächst offenbar anderes vor. 

Kritik an David Cameron

So durfte EU-Kommissar Günther Oettinger in einem kurzen historischen Rundumschlag erst einmal den Briten ihre „Fehler“ vorhalten, die Grenzziehung in Nahost und den Irak-Krieg, sodann die Abschaffung der Schwerindustrie. Finanzjournalistin Susanne Schmidt sah eine „Belagerungsmentalität“ der EU-Skeptiker auf der Insel, gerade die Konservativen, als die Partei von Regierungschef Cameron, pflegten schon lange ihre Abneigung gegen die EU. Zudem hätten sie wie Volksparteien anderswo auch – noch ein Fehler – versucht, den rechten Rand einzubinden. Denn den „Tiger des Nationalismus zu reiten“, so erläuterte Philip Oltermann, Korrespondent des „Guardian“, berge das Risiko, dass der Tiger eines Tages seinen Reiter fresse.

Die sichtbar gewordene Spaltung im Land trenne aber weniger Rechte und Linke als vielmehr Arme und Reiche, besser und weniger gut Ausgebildete, Ältere und Jüngere. Susanne Schmidt bestätigte diesen „Anti-Eliten-Moment“, der dann eben auch die EU treffe, die immer mehr zu einer elitären Veranstaltung geworden sei.

Susanne Schmidt glaubt an Camerons Ende

Da war man wieder beim spannenderen Aspekt der „Brexit“-Prozesses, dem Blick auf die EU. Europa habe den Ressentiments und Argumenten zu wenig entgegengesetzt, befand Oltermann. Warum? Fragte Illner den Kommissar. Der fand eine bequeme Ausrede: Cameron habe alleine kämpfen wollen. Was ihn womöglich das Amt kosten wird, glaubt Susanne Schmidt – auch wenn die „Remain“-Fraktion siegt. Denn weitere Zugeständnisse, da war man sich einig, wird sich die EU nicht leisten können – schon wegen der Vorbildfunktion für andere Mitgliedsstaaten nicht.

Die Finanzexpertin war es auch, die den Blick immer wieder auf die EU lenkte: „Die Politik muss verdammt nochmal anfangen, die EU der Bevölkerung näher zu bringen“. „Die Kommission muss auf die Marktplätze gehen“, pflichtete Börner bei. Denn wie der Fußballer Dietmar Hamann danach bei Markus Lanz richtig anmerkte: Die Mehrheit für „Remain“ sei ein Votum gegen den Ausstieg, aber nicht für die EU. Und das ist vielleicht die gute Folge des Ringens um die Verhinderung einer erneuten „splendid isolation“ der Briten. Die EU muss nun ernsthaft Reformen angehen: „Ein „Weiter so!“, sagte Heiner Bremer bei Markus Lanz anschließend, „kann es nicht geben.“ Sein Wort in Oettingers Ohr.