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"Das wird aufgebauscht" Maybrit Illner: Filmemacherin Sung-Hyung Cho bei Maybrit Illner über Nordkorea: "Das wird aufgebauscht"

Von Daland Segler 01.09.2017, 06:42

Berlin - Nachdem der bundesdeutsche Wahlkampf auch dank der so defätistischen wie realistischen Äußerungen des Außenministers doch so langsam in Gang kommt, wäre ein innenpolitisches Thema ja vielleicht aktueller gewesen als die Frage: „Kims Raketen, Trumps Provokation – droht der Welt ein neuer Krieg?“

Aber Maybrit Illner konnte sich natürlich schlecht die Butter vom Brot ihrer für nächste Woche geplanten Sendungen „Illner intensiv“ nehmen, also drehte sie am ganz großen Rad und widmete sich den aktuell mit dem Feuer spielenden Kindsköpfen der Weltpolitik. Mit freilich absehbarem Resultat.  

„Das wird aufgebauscht“

Die Gäste der Runde waren sich erwartungsgemäß darin einig, dass die Konfliktparteien miteinander reden müssten und dass die im Sendetitel beschworene Angst vor einem „neuen Krieg“ doch eher unbegründet sei. Ja, der einzige Gast, der je in Nordkorea war, die Filmemacherin Sung-Hyung Cho („Meine Brüder und Schwestern im Norden“ heißt ihr Dokumentarfilm darüber) erklärte das Motto der Talkshow für Unsinn: „Das wird alles aufgebauscht“.

Bei ihrem so erfrischenden wie bedauerlicherweise kurzen Beitrag zur Debatte erinnerte sie zunächst an den Koreakrieg Anfang der fünfziger Jahre, bei dem die Amerikaner den Norden mit schwerstem Bombardement heimgesucht haben. Diese Erinnerung sei im Lande virulent. Die Großmächte hätten ein Interesse am Status Quo, so Cho, und sowohl Kim wie auch Trump bräuchten das Feindbild. Wer die größere Gefahr darstelle, fragte Maybrit Illner. Trump natürlich, antwortete Cho.

Heftiger Widerspruch von Constanze Stelzenmüller

Auch ein Grande der bundesdeutschen Politik bracht ein gewisses Maß an Verständnis für den Nordkoreaner auf: Klaus von Dohnanyi, SPD, 89 Jahre alt. Pyöngyang sehe sich in seiner Existenz bedroht, vor allem durch die südkoreanischen Bestrebungen zur Wiedervereinigung. Man solle sich an das Ende der DDR erinnern, da sei auch „nichts von den Eliten übrig“ geblieben, und „die haben wir ja zum Teil ins Gefängnis gesteckt.“ Von Dohnanyi musste es wissen, war er doch in Diensten der Treuhand mit der Abwicklung ostdeutscher Kombinate beschäftigt.

Gleichwohl erhielten der Sozialdemokrat und Sung-Hyung Cho  heftigen Widerspruch von Politikwissenschaftlerin Constanze Stelzenmüller, die Chos Ausführungen als „ungeheuerlich“ abqualifizierte und zudem bestritt, dass man in Seoul noch die Wiedervereinigung anstrebe. Auch Peter Rough, US-amerikanischer Politikberater, stimmte in die Kritik ein: Kim sei ein „Schlächter“ und habe den Wahnsinn ausgelöst. Man müsse ihm klar machen, „dass die USA irgendwann einmal ein Ende sieht“.  Mit dieser Bemerkung  gab er sich nicht nur als Trump-Fan, sondern auch als kurzsichtig zu erkennen. Denn welches Ende könne es haben außer Krieg, fragte von Dohnanyi zu Recht.

Domröse schließt einen Krieg aus

Sollten Taten folgen, wollte auch Illner wissen. Stelzenmüller gab zu bedenken, dass die Irrlichterei Trumps vor allem das Risiko einer Fehlkalkulation bei den Verbündeten auslösen könne. Japan hat diesmal noch Kims Rakete fliegen lassen – diesmal.

Ex-General Hans-Lothar Domröse schloss aus, dass es zum Krieg kommen könne, und Ska Keller von den Grünen sprach aus, was wohl die meisten dachten: „Wir brauchen eine diplomatische Lösung.“ Die Chance dafür sah Rough in erhöhtem Druck auf China, für das Nordkorea derzeit einen „schweren Störfaktor“ darstelle, so Stelzenmüller. Sie plädierte für einen Dreischritt: Verhandeln, Abschrecken und „Einhegen“.

USA seien in einer „Orientierungsphase“

Doch dafür brauche es eine „geeinte Front“, und damit wandte sich die Runde Europa und Deutschland zu, deren Kanzlerin noch jüngst formuliert  hatte, dass man im Falle eines Kampfes „nicht automatisch“ an der Seite der USA stehe. Ihr Adlatus, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, aus Frankfurt zugeschaltet, verwies darauf, dass sich Deutschland ja schon einmal der Stimme enthalten habe. Und die USA seien derzeit noch in einer „Orientierungsphase“ und mit sich selbst beschäftigt. Ob die Deutschen dann ihre Präsenz in Afghanistan verstärken sollten, fragte Illner, auf den jüngsten Schwenk Trumps anspielend. Altmaier: Das habe man ja in jüngerer Zeit schon getan.

Domröse wies darauf hin, dass die USA abseits der Verbündeten eine eigene Strategie verfolgten, den Kampf gegen den Terror. Man müsse in Afghanistan nicht nur die oberen Militärs ausbilden, sondern auch die unteren Ränge. Ska Keller kritisierte, es gehe doch um „Nation Building“, also müsse die Ausbildung auch bei Polizei und Justiz ansetzen. Und eine Exit-Strategie sei wichtig. Die von Domröse ins Spiel gebrachten zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für die Nato erklärte sie kurzerhand zu „Quark“. Und hatte damit so unrecht nicht.

„Maybrit Illner“, ZDF, von Donnerstag, 31. August, 22.15 Uhr. Im Netz: ZDF Mediathek.