Lucifer

München - Teufel müsste man sein. Man ist attraktiv, gut gekleidet, unsterblich, fährt einen schicken Sportwagen und besitzt einen hippen Nachtclub. Vom Polizisten bis zur Psychologin erliegen alle Menschen, mit denen man so zu tun hat, dem teuflischen Charme des gefallenen Engels und offenbaren einem ihre sehnlichsten Wünsche.
So jedenfalls stellen sich die Macher von „Lucifer” den Teufel vor. Die neue Serie aus dem Universum der DC-Comics startet an diesem Mittwoch (22.15 Uhr) auf ProSieben. Beim Streaming-Dienst Amazon Prime steht sie deutschen Zuschauern schon seit Sommer vergangenen Jahres zur Verfügung.
Die Comic-Adaption erzählt von einem Ausflug Satans in die Welt der Lebenden. Lucifer Morningstar, der Leibhaftige, gespielt von Tom Ellis (38, „Doctor Who”), hat genug vom Alltagstrott in der Hölle und der ständigen Bevormundung durch seinen Chef und Vater, Gott. Also tut er, was man in Sinneskrisen in den besten Jahren tut, schmeißt seinen Job, überwirft sich mit der Familie, legt sich einen Sportwagen zu und eröffnet eine Bar.
Als eine Freundin vor seinen Augen erschossen wird, gelobt Satan, den Täter persönlich zur Rechenschaft zu ziehen. Um den Mörder zu finden, dient er sich der Polizei an und unterstützt Detective Chloe Decker (Lauren German, 38, „Michael Bay’s Texas Chainsaw Massacre”) bei ihren Ermittlungen. Zugute kommt Lucifer dabei seine teuflische Gabe: Er vermag jedem Menschen sofort seine heimlichsten Sehnsüchte zu entlocken. Nur Chloe scheint immun gegen die Macht Lucifers und entwickelt sich zu einer Femme fatale für den Fürsten der Finsternis.
Aufgehalten wird Lucifer bei der Verbrecherjagd dann und wann von seinem Bruder, dem Engel Amenadiel (D. B. Woodside, 47, „Romeo Must Die”). Der richtet Lucifer den Zorn des gemeinsamen Vaters, Gottes, über Lucifers Aufstieg aus der Hölle aus, hat keine Lust ihn dort zu vertreten (wofür im Original-Comic auch schon mal Superman herhalten musste) und drängt ihn, zurückzukehren. Doch Lucifer zieht es vor, weiterhin in Los Angeles, der Stadt der Engel, Zeugen zu ermitteln, zu verprügeln, zu begatten und sie mit Hilfe seiner teuflischen Gabe zu befragen.
Würde Lucifer die Verantwortlichen bei Prosieben nach ihren Wünschen fragen, wären gute Quoten für die Serie eine naheliegende Antwort - mit TV-Serien aus dem DC-Universum hat der Münchner Sender bislang mäßigen Erfolg. Der „Batman”-Spinoff „Gotham” schwächelte laut dem Medienportal „Quotenmeter” nach relativ starkem Start zuletzt, die „Legends of Tomorrow” schmiss der Sender noch während der ersten Staffel aus der Primetime, und die Quoten von Supermans Cousine „Supergirl” waren nach ebenfalls starkem Beginn zuletzt auch nicht mehr unbedingt übermenschlich. Einzig die Quoten von „The Flash” dürfte ProSieben zufriedenstellen.
In den USA läuft „Lucifer” bereits in der zweiten Staffel und liefert dem Sender Fox verlässlich gute Quoten. Allerdings sorgte die Serie in den Staaten für ein Aufsehen: Besorgte Eltern fanden die angebliche Glorifizierung des Teufels unerhört und versuchten sie mit einer Petition zu stoppen. Mehr als 30 000 US-Amerikaner schlossen sich ihr an. Doch der Teufel setzte sich durch. Das Spiel mit den religiösen Befindlichkeiten seiner Landsleute scheint dem Schöpfer der Serie, Tom Kapinos, Spaß zu machen: Schon sein Serienerstling „Californication” begann mit einer Traumsequenz, in der der Protagonist im Porsche vor einer Kirche vorfährt, seine Kippe ins Taufbecken schmeißt und dann mit einer Nonne in der Kirche Sex hat.
Diese unchristliche Frechheit dürfte das deutsche Publikum kaum so erregen wie die bibeltreuen Teile der US-Bevölkerung. „Lucifer” taugt nicht als Fantasy-Spektakel, nicht als Krimi und schon gar nicht als Interpretationshilfe für die christliche Mythologie. Aber als Komödie und Satire von US-Krimis à la „CSI”: Klassische Film-Situationen wie die Verkehrskontrolle durch unredliche Polizisten oder das Verhör schweigepflichtiger Psychologen bricht „Lucifer” mit seiner Gabe auf und beendet sie mit den in ihrer Promptheit stets absurd wirkenden und meist komischen Beichten seiner Gegenüber. Seine Loyalität, seine Probleme und die Art, wie er seine Sinneskrise zu bewältigen versucht, machen den Teufel nahbar, sympathisch und menschlich: Er ringt mit den gleichen großen Problemen, wie wir. Nur ist er dabei unsterblich und höllisch attraktiv. Teufel müsste man sein. (dpa)