1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. TV & Streaming
  6. >
  7. Jack the Ripper - Eine Frau jagt einen Mörder

Jack the Ripper - Eine Frau jagt einen Mörder

28.11.2016, 23:01
Die Schauspielerin Sonja Gerhardt und ein Darsteller im Kostüm des Jack the Ripper in München. Foto: Tobias Hase
Die Schauspielerin Sonja Gerhardt und ein Darsteller im Kostüm des Jack the Ripper in München. Foto: Tobias Hase dpa

Berlin - Schaurige Geschichten guckt das TV-Publikum im dunklen Monat November besonders gerne. Vielleicht sogar noch mehr, wenn es sich um eine weithin bekannte Geschichte handelt, in der ein Unbekannter reihenweise mindestens fünf (vermutlich aber mehr) arglose Frauen, überwiegend Prostituierte, grauenvoll dahinmeuchelt: „Jack the Ripper - Eine Frau jagt einen Mörder” ist jetzt in einer TV-Neuverfilmung zu sehen, an diesem Dienstag (20.15 Uhr) auf Sat.1.

November 1888, irgendwo in London: Eine Frau steigt die dunkle Treppe ihres Hauses hoch, nur eine Kerze erhellt das finstere Gemäuer. Dann betritt sie überrascht einen Raum, der von vielen weiteren Kerzen erhellt ist, und eine Stimme befiehlt ihr, sich auszuziehen. Doch sehr weit kommt sie dabei nicht, denn plötzlich steht eine vermummte Gestalt vor ihr - und schlägt ihr fast den Kopf ab.

Szenenwechsel: Eine andere junge Frau kommt von einem Schiff aus Deutschland nach London zur britischen Einwanderungsstation in Whitechapel, wo sie ein paar ihrer Fotos vorzeigt: Es ist die Fotografin Anna Kosminski (Sonja Gerhardt). Sie kommt, weil ihre Mutter verstorben ist, und ihr Bruder Jakob (Vladimir Burlakov) in einer Irrenanstalt liegt.

Schon bald wird sie ausgeraubt und von der Polizei mit dem Verdacht konfrontiert, dass ihr Bruder in Wahrheit für „Jack the Ripper” gehalten wird, der seine Opfer verstümmelte, ihre Organe entnahm und die Polizei mit Bekennerbriefen verhöhnte. Die schlimm zugerichtete Leiche der Prostituierten Mary Jane Kelly (sie ist die arme Frau vom Anfang des Filmes, und ihr Name ist historisch überliefert) wurde in Jakobs Bett gefunden - und er daraufhin prompt als Killer überführt.

Daran glaubt Anna natürlich nicht. Sie bewirbt sich beim Polizeifotografen Samuel Harris (Nicholas Farrel) und freundet sich mit dem netten Inspector Frederick Abberline (Falk Hentschel) und dem jungen Fotografen David Cohen (Sabin Tambrea) an, der mit Jakob vor dessen Verhaftung an einem völlig neuen Medium forschte - dem Bewegtbild. Schon bald gerät Anna selbst ins Visier des Mörders.

Sonja Gerhardt (27, „Deutschland '83”, „Ku'damm '56”) spielt die Figur der Anna als erstaunlich selbstbewusste und starke junge Frau, die sogar Räuber mit gezielten Fuss- und Handschlägen in die Flucht schlagen kann und vor nichts und niemandem Angst zu haben scheint. „Anna ist eine toughe Frau, selbstbewusst, mutig und unerschrocken”, sagte Gerhardt der Deutschen Presse-Agentur. „Sie wurde von ihrem Vater, einem Polizeifotograf, sehr freigeistig erzogen. Was sie sich in den Kopf gesetzt hat, versucht sie auch mit allen Mitteln zu erreichen. Für die damalige Zeit ist das außergewöhnlich.”

Die Story des Filmes ist bekannt, und so ist die Handlung ziemlich vorhersehbar. Schockierende Szenen bleiben dem Zuschauer weitgehend erspart, dramatisch anschwellende Musik, plötzliche Kameraschwenks, knarrende Dielenböden und schummerige Räume jedoch nicht. Wie in ähnlichen historischen Filmen („Die Wanderhure”) auch, gibt es viel Dreck, Matsch und Unrat zu sehen - und dennoch wirken vor allem die Menschen geradezu klinisch rein. Gedreht wurde in Litauen, an einem offenbar sehr begrenzten Set - zu sehen ist eigentlich immer dasselbe Szenenbild. Neben einer starken Sonja Gerhardt verblassen die anderen Schauspieler vollends: Tambrea spielt einen ziemlich Irren, und Hentschel zeigt stets dasselbe grinsende Gesicht - und am Ende sind nahezu alle tot. Immerhin: eine Lovestory gibt's nicht.

Vermutlich ist man mit Filmklassikern zum Thema besser bedient, wie zum Beispiel „Mord an der Themse” (1979, mit Christopher Plummer) oder „From Hell” (2001, mit Johnny Depp). Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt („Das Programm”) und Regisseur Sebastian Niemann („Hui Buh das Schlossgespenst”) haben einen sehr konventionellen Film mit einige falschen Spuren gedreht, der aber leider so gut wie gar keine Überraschungen zu bieten hat. Höchstens die, dass sie das bekannte Geschehen erstmals aus der Perspektive einer Frau erzählen und dass es damals wohl auch schon selbstbewusste Frauen gegeben zu haben scheint. Der Mörder wurde in Wahrheit ja nie gefasst. Hier nun ist er frei erfunden - die Auflösung ist verblüffend. (dpa)