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"Hart aber fair" "Hart aber fair"mit Frank Plasberg (ARD): Es geht um Flüchtlinge AfD den Osten - den wichtigsten Satz sagt aber ein Neonazi

Von Max Müller 18.12.2018, 07:30
Sprachlos, verständnislos, wütend: Wie gespalten ist Deutschland?
Sprachlos, verständnislos, wütend: Wie gespalten ist Deutschland? WDR/Dirk Borm

Die 50 reichsten Deutschen besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Eine wahnsinnige Zahl. Möglicher Anknüpfungspunkt für viele Fragen und Diskussionen, zumal mit Dirk Roßmann (Gründer der Drogeriemarktkette) ein Gast da war, der zu jenem erlesenen Kreis gehört. Es hätte so spannend werden können.

Geredet wurde dann aber doch wieder eine Stunde über Flüchtlinge, über Nazis, über den Osten, über die AfD, über besorgte Bürger, über Horst Seehofer. Die ungleiche Verteilung von Vermögen war innerhalb von zehn Minuten abgefrühstückt. Flüchtlinge – wohl das einzige Problem, was Menschen umtreibt, wenn es um das Thema „Sprachlos, verständnislos, wütend: Wie gespalten ist Deutschland?“ geht. 

Dabei ploppten immer wieder ein paar Probleme auf: marode Schule, Wohnungsnot, Bildung. Wie das genau mit Flüchtlingen zusammenhängen soll, blieb offen. Wie genau das mit ungleicher Vermögensverteilung zusammenhängen könnte, leider auch.

Ein Neonazi sagt den wichtigsten Satz

Den wichtigsten Satz des Abends sagte ein Nazi. In einem Einspieler waren Ausschnitte einer Reportage zu sehen, die der NDR-Journalist Michel Abdollahi gedreht hatte. Er besuchte vor drei Jahren das Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern – bekannt für stark verbreitetes rechtes Gedankengut. Der Interviewte, der auf einem Rasenmäher saß, und für einen Nazi erfrischend entspannt daher plauderte, bekam die Frage gestellt, was denn geschehen würde, wenn in Jamel Flüchtlinge unterkommen würden. Das konnte er sich nicht vorstellen. „Wenn man sie wirklich kennenlernt, kann man sie nicht mehr hassen.“

Sich annähern, Angebote schaffen, Gesprächsbereitschaft zeigen – das waren sie wohl, die gemeinsamen Nenner der Diskutierenden, wie das Gesprächsklima entgiftet werden könnte.

Claus Strunz mit wenig Einsicht

Ein Punkt wurde allerdings vergessen: Einsicht. Zu Beginn wollte Moderator Frank Plasberg wissen, welchen Anteil seine Gäste denn selbst an einem raueren Gesprächsklima in Deutschland haben. „Ich tue mich schwer, meinen Anteil zu benennen“, entgegnete Journalist Claus Strunz.

Das Zitat überraschte, immerhin äußerte es der Mann, der in letzter Zeit immer wieder durch Populismus und fragwürdige Thesen aufgefallen war. Er würde es wahrscheinlich „Klartext“ nennen. Im letzten Kanzlerduell fragte er mit Blick auf ausreisepflichtige Flüchtlinge in Deutschland: „Wann sind die weg?"

Es hatte selbstredend eine besondere Note, dass in einer Fernsehsendung, die das originäre Ziel verfolgt, Diskussion und Streit darzustellen, über das Klima der Diskussionen in diesem Land gesprochen werden sollte. Wohl auch deshalb war die Debatte in weiten Teilen leider vorhersehbar, dafür aber relativ gesittet, abgesehen von ein Frotzeleien zwischen Plasberg und Strunz.

Zum gewohnten Ablauf der Sendungen gehört Brigitte Büscher, die nach einer Stunde Impressionen der Zuschauer präsentiert. Von 700 Eintragungen im Gästebuch musste die Redaktion 50 Beiträge löschen, berichtete sie. Es sei kein Spaß, jeden Tag den ganzen Hass im Netz mitzubekommen. Einen gelöschten Beitrag las sie dann ausnahmsweise vor. Ein Zuschauer wünschte sich, dass alle Flüchtlinge nach Sibirien geschickt werden.

Kein Argument überrascht

Abdollahi erzählte, er habe die Erfahrung gemacht, dass Personen, die besonders schlimme Nachrichten verschicken, noch am einfachsten zu bekommen sind. „Ich merke tatsächlich, wie diese Leute peinlich berührt sind, wenn sie merken, dass da wirklich ein Mensch ist, der das liest und ihnen antwortet. Auch die Verfasser der schlimmsten Nachrichten kann man argumentativ bekommen.“

Den inhaltlichen Mehrwert entlarvte die evangelische Pastorin Annette Behnken, wenn auch eher unfreiwillig, am Ende der Gesprächsrunde. In der Schlussrunde wollte Plasberg wissen, welches Argument aus der Sendung denn überrascht hätte. Behnken dachte ein paar Sekunden nach: „So wirklich keins.“