TV-Tipp "Team Wallraff - Reporter undercover" TV-Tipp "Team Wallraff - Reporter undercover": Das Grauen hinter der Fassade

Soziale Missstände aufdecken. Sich maskieren, um bestimmte Entwicklungen in der Gesellschaft zu demaskieren und im Idealfall der Politik einen Tritt vors Schienbein zu verpassen. Damit beschäftigt sich Günter Wallraff seit mehr als vier Jahrzehnten, und der Beruf des Undercover-Profis ist längst mehr als ein Job, er ist für den Kölner seine Lebensaufgabe. Die weitaus meisten seiner Aktionen haben über ihr Ende hinaus Bestand, und gerade deshalb ist es bedauerlich, wenn man Wallraff als „Gutmenschen“ oder „Enthüllungsjournalisten“ apostrophiert; die Häme, die dabei unterschwellig mitschwingt, hat der Mann nicht verdient, Wallraff ist ein Aufklärer im besten Wortsinne.
2012 schlug die Aktion, mit der Wallraff auf RTL zu sehen war, hohe Wellen: Er prangerte die Zustände in der Paketzusteller-Branche an und war dabei selbst als Auslieferer zugange. Im vergangenen Sommer ließ sich eine von ihm instruierte Reporter-Kollegin inkognito als Zimmermädchen in einem Luxushotel knechten, und nun gibt’s als „Team Wallraff – Reporter undercover“ (RTL, 21.15 Uhr) drei neue Fälle. Über einen Zeitraum von mehr als acht Monaten haben sich RTL-Reporter in drei verschiedene Branchen eingeschleust. Günter Wallraff ist dabei in erster Linie ihr Mentor, steht dem Team aber nicht nur beratend zur Seite, sondern ist mit seinen 71 Jahren in jeder Folge auch in einer Rolle zu sehen.
In Folge eins geht es um die Arbeitsbedingungen in der Lebensmittelbranche. Dachten die Undercover-Reporter zunächst, dass sie es dabei vor allem mit Schwarzarbeit, sittenwidriger Entlohnung und Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften zu tun bekommen, so kristallisierte sich bei dem Dreh noch ein anderer Aspekt heraus. Unsaubere Verkaufsräume und Verstöße gegen die Hygieneverordnung sind leider gar nicht so unüblich. „Selbst wenn die Beschäftigten dort für bessere Hygienebedingungen sorgen wollten – sie hätten gar nicht die Zeit dazu. Wer dagegen aufbegehrt, wird mit meist unlauteren Methoden aus den Firmen geworfen“, fasst Wallraff die Recherche-Ergebnisse zusammen.
Die wie immer 243-köpfige Vorgezappt-Redaktion ist erstens gespannt. Und sich zweitens sicher, dass Wallraff auch mit 71 Jahren für erkenntnisreiches Fernsehen steht, dass einem als Zuschauer immer mehr zumutet, als man möchte.