1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. TV-Kritik zu Maybrit Illner: TV-Kritik zu Maybrit Illner: "Totalitärer Ansatz" der NSA

TV-Kritik zu Maybrit Illner TV-Kritik zu Maybrit Illner: "Totalitärer Ansatz" der NSA

Von Daland Segler 18.07.2014, 05:24
Maybrit Illner
Maybrit Illner ZDF und Carmen Sauerbrei Lizenz

Frankfurt - Oft genug ist es ja ein Segen, wenn in die Gesprächsrunden mit lauter Dauergästen aus Politik und Prominenz ein Experte eingeladen wird. Auch wenn der dann manchmal das Thema mit wenigen Sätzen für überflüssig oder gar nicht wirklich existent erklärt. In Maybrit Illners jüngster Talkshow räumte der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom mit der Vorstellung auf, dass die Spitzel befreundeter Nationen einander verschonten bei ihrer Arbeit. Es habe immer schon Spionage der CIA gegen den BND gegeben, sagte er, allerdings sei der Einsatz eines Maulwurfs wie dem 31-jährigen BND-Mitarbeiter eine neue Qualität, damit sei eine Grenze überschritten worden. Es habe Ende der neunziger Jahre eine Studie des BND gegeben zum Thema: Was macht der CIA denn nach Ende des Kalten Krieges? Die Antwort: Wirtschaftsspionage. Der BND wisse also Bescheid über das Treiben der Kollegen aus Übersee,  habe aber „einen politischen Maulkorb“.

Ein Instrument zur Verhinderung von Geschwätz wünschte man bei der Diskussion auch dem Kanzleramtsminister Peter Altmair. Der müsste kraft Amtes so einiges über BND, Verfassungsschutz und Konsorten wissen, aber statt klarer Aussagen gab er nur Sprechblasen von sich, die mal mit Selbstverständlichkeiten („Wir haben die Aufgabe, die Privatsphäre unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen“), mal mit schlechten Witzen („Ronald Pofalla ist nicht widerlegt“) gefüllt waren. Und das Publikum verdankt dem Chef-Lakai der Kanzlerin ein unübertreffliches Beispiel für Rabulistik: Der ausgewiesene Chef der CIA in Berlin sei gar nicht ausgewiesen, sondern – Achtung – „eingeladen worden, das Land zu verlassen.“

Klarer und deprimierender kann man kaum darstellen, wie devot sich die Bundesregierung gegenüber den Spionen aus Übersee verhält. Aber der CIA-Boss war ja gar kein Spion. Sagte John Kornblum, ehemals US-Botschafter in Deutschland und immer mal wieder zu diesem Thema eingeladen, weil er so herrlich stoisch alles an sich abprallen lässt und sein Mantra betet: Empörung sei sinnlos. Und ein CIA-Chef ist kein Spion. Sondern? Tellerwäscher vielleicht? Immerhin schloss sich auch Kornblum dem Urteil Wolfgang Schäubles an, dass die jüngste Spionage-Affäre der USA den Tatbestand der Dummheit erfülle.

Bei soviel Abwiegelei und Schwadronieren fiel es den Kritikern schwer, ihre Argumente darzulegen. Immerhin konnten Einspieler die Beschwichtigungen und Verdrehungen der CDU-/CSU-Oberen vor einem Jahr belegen und einen unverdächtigen Zeugen, den ehemaligen NSA-Oberen William Binney mit seinem Verdikt zeigen, dass die NSA einen „totalitären Ansatz“ verfolge.

Konstantin von Notz, grüner Parlamentarier, lief in dann Kornblums Empörungsfalle und sah einen „Affront, der seinesgleichen sucht“. Horst Teltschik, einst Kanzlerberater Kohls, schwärmte davon, dass früher das Vertrauen zwischen den Regierenden so eng gewesen sei, dass man ohne BND ausgekommen sei – ein Irrtum, wie sich dank Schmidt-Eenbooms Darstellung später  erwies. Nur Netz-Aktivistin Anke Domscheit-Berg konnte mit einigen bedenkenswerten Fakten aufwarten: Dass die Amerikaner die Nutzer des verschlüsselten Servers „Tor“ als Extremisten bewerten etwa, und dass der BND jüngst 300 Millionen Euro bekommen habe für verbesserte Analyse – sprich Ausspionieren – von sozialen Netzwerken. Domscheit-Berg forderte noch einmal nachdrücklich, Edward Snowden einzuladen, was die Regierung fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, auch wenn Altmair beteuerte, das entscheide ja der Untersuchungsausschuss (was er aber natürlich  nicht tut). Und  die servile Bundesregierung hat den Asylantrag ja schon abgelehnt, worauf Maybrit Illner hinwies. Kornblum machte kein Hehl daraus, dass er den Mann für einen Verräter halte, und meinte auch  noch, für sein Land beanspruchen zu können, dass man mehr Erfahrung mit  der  Demokratie habe als andere. Guantanamo lässt grüßen...