TV-Kritik zu Günther Jauch TV-Kritik zu Günther Jauch: Es wäre besser beim Stromausfall geblieben
Berlin - Wer gestern Abend mit Günther Jauch die alte Woche beschließen wollte, schaute zunächst einmal in die sprichwörtliche Röhre. Wegen eines Stromausfalls in Berlin musste der ARD-Talk knapp 20 Minuten später beginnen. Die Anstalt sendete stattdessen eine Konserve mit dem österreichischen Missbrauchsopfer Natascha Kampusch – wohl in der Absicht, die Zuschauer mit ein bisschen Horror am Schirm zu halten. Rückblickend muss man sagen: Es wäre besser beim Stromausfall geblieben.
Jauch begann seine Moderation damit, dass er den Gegenstand der Debatte entschlossen ins Zwielicht rückte. „Wir hatten hier griechische Verhältnisse“, sagte der Mann sichtbar blass und hörbar überheblich. ARD-Börsenfrau Anja Kohl erklärte an die Adresse des Kollegen: „Ich war noch nie so froh, Sie zu sehen.“ Griechisch blieb es.
Sendung litt unter Zusammenstellung der Gäste
Die Sendung litt unter der Zusammenstellung der Gäste. AfD-Chef Bernd Lucke war ebenso zugegen wie die Linksparteivorsitzende Katja Kipping und Unions-Allzweckwaffe Wolfgang Bosbach. Wer seine Runde so zusammenstellt, der müsste eigentlich wissen, dass er mehr innerdeutschen Schlagabtausch kriegt als Fachkundiges zu Hellas. Der deutsch-griechische Journalist
Michalis Pantelouris war eine der wenigen sinnvollen Besetzungen. Die Sendung litt überdies an einem Mangel an Moderation. Jauch strukturierte nicht in Analyse der Lage und Schlussfolgerungen, nicht in gestern, heute, morgen; dabei wäre Letzteres bei diesem komplexen Thema nötiger gewesen denn je. Er ließ den Dingen einfach ihren Lauf. Ja, es schien zuweilen, als hätte der Gastgeber einen freien Tag genommen. Irgendwann sagte Bosbach zu ihm: „Nur Mut!“ Er meinte damit: Mut zum Eingreifen. Schlimmer kann man einen Moderator nicht demütigen.
Zuletzt hatte das Aushängeschild des Ersten Programms mal Sendungen dabei, die das Prädikat sinnvoll, zuweilen sogar lehrreich verdienten. Die gestrige Darbietung war ein bitterer Rückfall in alte Zeiten und fand unter denkbar ungünstigen Vorzeichen statt – bei geöffnetem Vorhang.
