1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. TV-Kritik zu Günther Jauch: TV-Kritik zu Günther Jauch: Die "GroKo" wird für Zamperoni richtig teuer

TV-Kritik zu Günther Jauch TV-Kritik zu Günther Jauch: Die "GroKo" wird für Zamperoni richtig teuer

Von Steffen Hebestreit 16.12.2013, 06:51
Die Diskussionsrunde bei Günther Jauch zu dem Thema "Merkels neue Mannschaft - wie werden wir jetzt regiert?".
Die Diskussionsrunde bei Günther Jauch zu dem Thema "Merkels neue Mannschaft - wie werden wir jetzt regiert?". imago stock&people Lizenz

Die Ausgangslage für Günther Jauch hätte besser kaum sein können. Knapp drei Monate nach der Wahl steht seit diesem Sonntagabend nun so etwas wie eine Bundesregierung, all die Namen der neuen Ministerinnen und Minister sind endlich bekannt und Jauch darf jetzt als erstes zum Palaver über das schwarz-rote Kabinett die Fernsehnation versammeln. Oder zumindest den schrumpfenden Teil, der seinen Sonntagabend nicht ohne Jauch beschließen möchte. Und besser noch, mit Ursula von der Leyen sitzt im Charlottenburger Gasometer sogar der (un-)heimliche Star dieses Kabinetts leibhaftig neben dem Showmaster.

Der Rest ist Garnitur: Die künftige Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für den Proporz, Gregor Gysi für Klamauk, der Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni fürs Optische und die wunderbare Elisabeth Niejahr von der ZEIT für den Intellekt.

Kein Wort über den beinharten Machtkampf

Doch im Mittelpunkt steht, äh, sitzt natürlich die - Achtung, Kalauer - Mutter der Kompanie. Und Von der Leyen ( "Ich habe nicht gedient") beginnt den Abend mit ein bisschen Geschichtsklitterung: Bereits am Donnerstagabend, so erzählt sie, habe Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr das Verteidigungsressort angedient. Nach kurzem Schlucken habe sie, also von der Leyen, zugesagt - "auch wenn das absolut nicht mein Gebiet ist". Günther Jauch möchte das glauben und fragt deshalb lieber nicht nach, weshalb führende Christdemokraten bis Samstagmittag noch überzeugt waren, die siebenfache Mutter würde das Innenressort erhalten. Kein Wort über den beinharten Machtkampf, der sich innerhalb der Union in diesen Tagen abgespielt hat.

Egal, Ursula von der Leyen skizziert clever die Aufgabe, die da auf sie wartet, lobt ihren Vorgänger Thomas de Maizière (CDU), der bei der "hmm, Neuausrichtung" der Bundeswehr eine gerade Furche gezogen habe, doch das Feld sei längst nicht zu Ende beackert. Die neue deutsche Rolle in der Welt finde sie spannend, sie möchte den Soldaten und ihren Familien Rückhalt bieten und natürlich spielt bei ihr, der früheren Familienministerin, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine große Rolle, gerade bei der Bundeswehr.

Der erstaunlich friedlich gestimmte Gregor Gysi versteigt sich zu der These, dass siebenfache Mütter ja keines ihre Kinder gerne in den Krieg schicken wollten - anders offenbar als dreifache oder vierfache Mütter. Und verleiht deshalb der Hoffnung den Ausdruck, dass Von der Leyen zu einer Antikriegsministerin wird.

Freche Töne im öffentlich-Rechtlichen

Bis zu diesem Zeitpunkt mag sich der geneigte Zuschauer gefragt haben, weshalb eigentlich Ingo Zamperoni in der Runde sitzt. Der 39-Jährige, der demnächst als Korrespondent in die USA wechselt, prägt dann aber doch die beiden schönsten Ausdrücke dieses Talkshow-Abends: Einmal das "Posten-Bingo", das man wohl bei der Ressortvergabe gespielt habe, und zum zweiten, dass die Jüngeren die Abkürzung "Groko" übersetzten mit "großes Kotzen". Was schon mal frech ist für einen gesitteten Sonntagabend im öffentlich-Rechtlichen.

Bevor es aber zu vulgär wird, greift die Moderation ein. Denn klug, lebhaft, kenntnisreich und schnell geht es immer dann zu, wenn die ZEIT-Journalistin Niejahr das Wort ergreift. Sie lässt sich, anders als der Gastgeber, nicht mit Plattitüden abspeisen, hakt nach bei Nahles und von der Leyen, beklagt die Wahlgeschenke im Koalitionsvertrag und erklärt, weshalb die Mütterrente falsch sei, eben weil sie gar nicht gezielt Bedürftigen helfe.

Wer will da noch meckern

Endgültig schaltet Ursula von der Leyen in den Verteidigungsmodus um, als Zamperoni (der adrette Kerl von den Tagesthemen) beklagt, dass er als Verheirateter mit drei Kindern 2500 Euro pro Jahr weniger in der Tasche habe - nein, nicht etwa als jetzt, sondern als er gehabt hätte, wenn die CDU all das umgesetzt hätte, was sie vor der Wahl versprochen habe. So viel Naivität überrascht dann sogar Von der Leyen, die sich schließlich in den Hinweis rettet, oberstes Wahlversprechen der Union sei aber doch gewesen, keine Steuern zu erhöhen und das habe man gehalten. Wer mag da noch meckern.

Auf diesem Niveau plätschert das Gespräch, wenn man es so nennen mag, ohne größere Überraschungen noch einige Minuten weiter, bevor Jauch ein Einsehen und ein Ende hat. Als Erkenntnis dieses Abends bleibt, dass die Großkoalitionäre erst mal nur sich selbst zu fürchten haben, Elisabeth Niejahr dringend eine eigene Talkshow bräuchte, Ingo Zamperoni als Nachrichten-Moderator besser besetzt ist und, dass Sonntagabende auch sinnvoller verbracht werden können. Und das ist, so kurz vor dem Fest der Besinnlichkeit, ja schon mal nicht wenig.