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TV-Film zum 17. Juni 1953 TV-Film zum 17. Juni 1953: Die Spannung vor dem Sendetermin

Von Andreas Montag 16.09.2002, 15:58

Leipzig/MZ. - Für den Sender sitztKarlheinz Staamann mit am Tisch, der die Redaktiondes Filmes verantwortet. Oder besser: verantwortenwird, denn gesendet wird der Streifen erstim nächsten Frühsommer, dicht am Jahrestagdes Volksaufstandes. Einen festen Sendetermingibt es einstweilen noch nicht. Was auch daranliegt, dass im Öffentlich-rechtlichen nochzwei weitere Projekte zum Thema in Vorbereitungsind: ein Film beim WDR, ein Dokudrama beimZDF.

Warum solch ein großes Interesse an dem Gegenstand,mit einem Mal? Und weshalb gab es da ein Problemmit den Bahnsteigen? Und wo? Es hat allesmit Geschichte zu tun. Auch mit der jüngeren.Um ein Bild davon zu bekommen, wie Bitterfeldvor fünfzig Jahren ausgesehen haben könnte,ist die Crew nach Schlesien ausgewichen. Auchdas ist nachdenkenswert. Gedreht wurde inKatowice (Kattowitz) und Wroclaw (Breslau),wo man auf bauliche wie geschichtliche Ähnlichkeitentraf. Der Bitterfelder Bahnhof wurde nachgebaut.

Die polnischen Kollegen hätten sich beim Drehübrigens höchst verblüfft über den Sachverhaltgezeigt, erzählt Staamann: Vom 17. Juni, einemAufstand ausgerechnet in der kreuzbraven DDR,die den Polen und Ungarn später stets alstreuester Vasall der großen Sowjetunion erschienenwar, hatten sie noch niemals gehört. Auchhierzulande war der Tag ja beinahe - und sehrzu Unrecht - in Vergessenheit geraten: ImWesten zu Zeiten der Teilung wohl als Volksaufstandgeehrt, aber für die Jüngeren doch auch ziemlichweit weg - im Osten als faschistischer Putschabqualifiziert. Das hat den Leipziger SchriftstellerErich Loest, einen "exzellenten Rechercheur"(Staamann) gereizt, den MDR interessiert undSaxonia-Chef Honert dazu angespornt, aus demSkript "Figuren herauszuarbeiten".

Für Honert war der 17. Juni "der Tag,an dem sich die Geister schieden" - solltees hier in Wahrheit um ein sozialistischesModell oder nicht doch schlicht um eine ausNachkriegsfolgen wachsende Diktatur gehen?Diese "Schlüsselfrage" hat die Filmemacherinteressiert, um die zu beantworten, habensie die Geschichte des 17. Juni in Bitterfeldum zwei alte, proletarische Barrikadenkämpferaus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt.Am Ende wird die Freundschaft des alten ArbeitersAlfred Mannschatz (Peter Sodann) und BrunoPfefferkorns (Hans-Peter Hallwachs), der einStasi-Häuptling geworden ist, an der FrageFreiheit oder Macht zerbrechen.

Loest will erst den fertigen Film sehen. Gespanntwird er schon sein. Honert und Staamann sindjedenfalls ansteckend begeistert. Nur geschnitten"getrickst" muss noch werden, damit 1000Komparsen wie 20000 aussehen. So ein Filmkostet nämlich auch in Polen, wo vieles billigerist. "Panzer", winkt Honert ab, "waren nochdas Leichteste. Die standen irgendwo rum".