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«Tosca» in Halle «Tosca» in Halle: Puccini feiert die muntere Wiederkehr des ewig Gleichen

Von Andreas Hillger 19.09.2005, 17:48

Halle/MZ. - Keine Frage, wir sind in Giacomo Puccinis "Tosca".

Bis zum Mord am verruchten Scarpia, bis zur Erschießung des rebellischen Künstlers und zum finalen Sprung der Titelheldin von der Engelsburg wird es nichts geben, was die Wiederkehr des ewig Gleichen stört. Natürlich könnte man diese Oper, die sich auf anderthalb Junitage des Jahres 1800 konzentriert, auch anders lesen: Möglicherweise gäbe es eine politische Gegenwart, mit der sich der römische Spitzel- und Folterstaat der napoleonischen Zeit vergleichen ließe. Denkbar wäre auch eine Charakterzeichnung, die verborgene Züge jenseits der Schablonen freilegen würde. Aber dafür wäre es wohl vonnöten, dass man sich nicht auf den Charme eines Déjà-vu und auf den Sog der stürzenden Linien im Bühnenbild verließe. Ein solches intellektuelles Wagnis war Lutz Hochstraate, der den Repertoire-Klassiker jetzt am Opernhaus Halle inszenierte, offensichtlich zu anstrengend.

Immerhin aber sorgt seine sentimentale Kulissenschieberei, die eine Parade von stummen Randfiguren mit sozialer Genauigkeit verwechselt, für die Konzentration auf das Wesentliche. Dies aber ist, selbst wenn der Dirigent Klaus Weise am Anfang jeden Zweifel im Fortissimo ersticken will, nun einmal die Musik. Mit Daniel Magdal und David Pittman-Jennings, vor allem aber mit Romelia Lichtenstein hat die hallesche Oper beste Argumente, um das Stück in ihrem Spielplan zu rechtfertigen. Während der rumänische Tenor bereits nach Cavaradossis ersten Worten von enthusiasmierten Fans zu Recht - aber zur falschen Zeit - bejubelt wurde, erschloss sich der Amerikaner seine Rolle als sardonisch grinsender Schurke ebenso dezent wie resolut. Und die hallesche Diva, die sich ihrer Ausnahme-Rolle im Ensemble immer spürbarer bewusst zu werden scheint, entwickelte ihre Tosca scheinbar mühelos von der naiven Künstlerin zur tragischen Heldin. Bravissimo!

Und als das Orchester nach der Pause auch seinen Adrenalin-Spiegel in den Griff bekommen hatte, wurde es ein insgesamt hörenswerter Abend - die Souffleuse zumindest bis zur siebten Parkettreihe inbegriffen. Warum man freilich jenem italienischen Verismo huldigt (der bekanntlich auf authentischen Ausdruck bedacht ist), wenn das Phantasie-Parlando der Darsteller gelegentlich nur durch deutsche Übertitelung plausibel wird, bleibt ein Rätsel. Scarpia jedenfalls wusste zwischenzeitlich von einer Gräfin "d'Avanti" zu singen, was seinem Ruf als Geheimdienstler gewiss schädlich sein dürfte. Dass das legendäre "E lucevan le stelle" von den Librettisten aber mit der unsterblichen Zeile "Die Gartentür knarrte" versehen wurde, ist immerhin eine neue Erkenntnis.

Nächste Vorstellung:

30. September, 19.30 Uhr