Tiny Vipers Tiny Vipers: Neuer Progressiver Post-Folk
Hamburg/dpa. - Unter dem Pseudonym Tiny Vipers spielt die US- Songwriterin Jesy Fortino zerbrechliche Akustik-Songs. Das Debüt- Album der Musikerin trägt den Titel "Hands Across The Void" und beschwört Vergleiche mit der erst kürzlich sehr gefeierten Joanna Newsom herauf, klingt aber etwas unkomplizierter und zugänglicher.
Gitarre zu spielen, hat sich Jesy Fortino selbst beigebracht und alles in allem klingt die Musik, die die Künstlerin aus Seattle macht, nach einer Ich-bezogenen Sache. Auf "Hands Across The Void" überwiegt eine einsame, fast verlassen anmutende Atmosphäre. Im Mittelpunkt von Jesy Fortinos Stücken stehen ihr markantes Gitarrenspiel und ihre Stimme. Erweitert wird das klassische Sonwriter-Format aus Gesang und Gitarre zum Beispiel durch alte, analoge Synthies, die für abstraktere Noise-Einsprengsel sorgen.
Jesy Fortino setzt mit ihrem ersten Album weder auf pures traditionelles Songwriter-Handwerk noch auf zugänglichen Neo-Folk, auch wenn Elemente dieser Stilrichtungen in ihrer Musik erkennbar sind. "Hands Across The Void" überrascht vielmehr mit verschlungenen Wendungen und progressiven Ideen. Etwas Karges haben die Songs von Tiny Vipers trotz des Reichtums an Einfällen an sich. Von jeglicher Opulenz nimmt Jesy Fortino Abstand und auch das ruhige und bedächtige Tempo ihrer Songs trägt zu diesem Eindruck bei.
Die nachdenklichen bis grüblerischen Texte, die sorgfältig zusammengestellten Arrangements und verzwickten Strukturen beschwören eine in den Grundzügen eher schummrige bis düstere Stimmung herauf. Theatralisch oder melodramatisch klingt die Songsammlung dennoch nicht, denn Jesy Fortino lotet eine Vielzahl von Emotionen aus, ohne dabei in künstliche Extreme zu verfallen.
Zu den Highlights des Albums, das nur sieben Songs umfasst, zählt das Stück "Swastika". Jey Fortino gelingt es in diesem Song, mit recht karger Instrumentierung ihre Hörer über die erstaunliche Länge von fast elf Minuten zu bannen, ohne sich mit vielen Wiederholungen aus der Affäre zu ziehen. Einnehmend sind allerdings auf "Hands Across The Void" nicht nur Jesy Fortinos Gesang und ihre ungewöhnliche Art, Gitarre zu spielen; es ist auch der Produktionssound dieser Platte, der einen höchst angenehmen Eindruck hinterlässt. Der Soundtechniker Chris Common hat dem Tiny-Vipers-Debüt einen direkten und zeitlosen Sound verliehen, der Jesy Fortinos düsteren Songs eine gewisse Wärme verleiht.
Mit "Hands Across The Void" legt diese Künstlerin ein überzeugendes Debüt vor. Wer Post-Folk jenseits poppiger Interpretationen zu schätzen weiß, ist mit dieser kleinen Platte gut beraten.