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Til Schweiger im Interview Til Schweiger im Interview: "Ich konnte schon immer gut über mich selbst lachen"

02.02.2016, 08:57
Hauptdarsteller Til Schweiger in einer Szene seines Actionkrimis „Tschiller: Off Duty“
Hauptdarsteller Til Schweiger in einer Szene seines Actionkrimis „Tschiller: Off Duty“ Warner Bros. Ent. Lizenz

Halle (Saale) - Nach vier Hamburg-Einsätzen im TV-„Tatort“ wechseln die Kommissare Nick Tschiller und Yalcin Gümer nicht nur den Schauplatz, sondern gleich das Medium. Der große Showdown der bisherigen Geschichten findet auf der Kinoleinwand statt. Dazu schlüpft Til Schweiger (52) natürlich wieder in die Rolle des beinharten Ermittlers und aufopfernden Vaters. Die Regie übernahm einmal mehr Christian Alvart („Pandorum“). Mit Til Schweiger sprach André Wesche über enttäuschte Erwartungen, die Arbeit mit der eigenen Tochter, seinen Film „Tschiller: Off Duty“ und die Zukunft seines Helden.

Herr Schweiger, es sind zwei Themen, ohne die heutzutage kein kabarettistisches Programm auszukommen scheint: Der Berliner Flughafen und Til Schweiger. Nervt das oder nehmen Sie es als Kompliment?

Schweiger: Das muss man auch erst mal schaffen! (lacht) Es nervt mich nicht, aber ich nehme es auch nicht als Kompliment. Ich kenne nicht alles, aber es gibt Sachen, die finde ich extrem witzig. Zum Beispiel diese Reihe von SWR 3. Es gibt auch viele Kabarettisten, die ich generell nicht lustig finde. Auch dann nicht, wenn sie über mich Witze machen.

Aber wenn jemand wirklich saukomisch ist, dann kann ich gut darüber lachen, auch wenn es auf meine Kosten geht. Das halte ich für eine Qualität. Ich konnte schon immer gut über mich selbst lachen, über meine eigene Doofheit und die Fehler, die ich mache.

Hat Sie der Erfolg Ihres letzten Kinofilmes „Honig im Kopf“ überrascht?

Schweiger: Ja. Ich hatte damit gerechnet, dass wir vielleicht drei Millionen Zuschauer schaffen könnten. Und das war schon sehr positiv gedacht. Keiner hat damit gerechnet, dass es dann am Ende 7,3 Millionen werden. Wir hätten nicht gewagt, davon zu träumen.

Diesmal kam man beim Deutschen Filmpreis nicht umhin, Sie wahrzunehmen. War das eine Genugtuung für Sie?

Schweiger: Nö. Eigentlich war es auch relativ klar, dass wir den Publikumspreis für den erfolgreichsten Film des Jahres bekommen. Es war keine Genugtuung. Aber ich habe mich gefreut, dass man den Publikumspreis wieder eingeführt hat. Man hatte ihn ja zwischen 2006 und 2012 abgeschafft.

Um einen Strich unter die letzten beiden „Tschiller“-Fernsehtatorte zu machen: Ist man intern mit dem Erfolg zufrieden? Und können Sie die Kritik nachvollziehen?

Schweiger: Wir sind natürlich nicht zufrieden. Wir wollten im November laufen und dann hätten wir auch andere Quoten erreicht. Da sind sich alle einig. Unsere „Tatorte“ waren wohl zu brutal für die Neujahrszeit. Sie haben zu brutal angefangen. Aber hinterher ist man immer schlauer.

Ich hätte es gern gesehen, dass die Filme eher laufen, aber das stand nicht in meiner Macht. Insofern waren wir mit den Quoten nicht wirklich glücklich. Nichtsdestotrotz bin ich davon überzeugt, dass das zwei hochwertigste Filme sind. Insofern kann ich die Kritik an diesen Filmen in keinster Weise verstehen.

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„Tschiller: Off Duty“ spielt an Schauplätzen, die man aus internationalen Actionfilmen kennt. Wird das Publikum deshalb eher bereit sein, einen deutschen Cop zu akzeptieren, der ausgiebig von der Pistole Gebrauch macht und „Motherfucker“ sagt? Hierzulande wird so etwas gern belächelt.

Schweiger: Das war keine Strategie. Diese Dinge werden ja nicht vom Publikum belächelt, sondern oft von den Menschen, die darüber schreiben. Das absurdeste Action-Kino aus Amerika wird dagegen trotzdem noch goutiert. Oder ein Film wie „Taken“. Natürlich ist das ein geiler Actionfilm, aber die Handlung passt auf einen halben Bierdeckel: Ein Mann will seine Tochter retten.

Darüber hat sich keiner beschwert, alle haben den Film abgefeiert. Wenn man so etwas in einem deutschen Film macht, heißt es, das sei nicht realistisch und völlig übertrieben. Das ist man hier nicht gewohnt.

In Amerika feiern die Leute ihre Actionhelden. Sie wissen, dass das nicht unbedingt realistisch ist. Aber sie gehen ja nicht ins Kino, um sich eine Dokumentation anzusehen. Sie wollen träumen.

Unser Beweggrund für diese Schauplätze war das Kinoformat. Auf der Leinwand müssen wir einen zusätzlichen Anreiz bieten. Einfach einen Fernseh-„Tatort“ im Kino zu zeigen, wäre eine Verarsche. Christian Alvart hat einen großen Actionkrimi mit internationalem Standard gedreht.

Der Film hat nicht nur Action, sondern auch Komik. Istanbul und Moskau kennt man aus James Bond und anderen Actionfilmen, deshalb sind wir dorthin gegangen. Außerdem haben es die Geschichten auch angeboten.

Hat man als Produzent Angst vor Terror-Nachrichten, die dazu zwingen könnten, einen Kinostart aus Gründen der Pietät auf Eis zu legen?

Schweiger: Nein. Meiner Meinung nach muss man das ganz genau trennen. Man sollte Fiktion und Realität auseinanderhalten können.

Fällt es Ihnen leichter, vor der Kamera Emotionen zu produzieren, wenn Ihre Filmtochter die eigene ist?

Schweiger: Ich könnte diese Emotionen auch produzieren, wenn es nicht meine Tochter wäre. Aber natürlich hat man automatisch ein Vertrauensverhältnis, das man mit einer anderen Filmtochter erst einmal herstellen muss. Das macht viele Dinge erst mal einfacher. Aber Dieter Hallervorden aus „Honig im Kopf“ ist ja auch nicht wirklich mein Vater. Die Emotionen habe ich trotzdem produziert.

Haben Sie sich für Tschiller eine Biografie zurechtgelegt, die über die Filmhandlung hinaus reicht?

Schweiger: Nö, das habe ich zum letzten Mal auf der Schauspielschule gemacht. Wenn man den Romeo gespielt hat, sollte man sich eine Biografie für ihn ausdenken. Das war nicht so mein Ding. Ich denke, „Tschiller“ spricht für sich. Ich mag nichts weniger als amerikanische Schauspieler, die im „Making Of“ eine halbe Stunde über ihre Figur sprechen. Ich finde, der Charakter Nick Tschiller erklärt sich von selbst.

Wird es mit „Tschiller“ weitergehen?

Schweiger: Im Moment ist es geplant. Ich habe für vier weitere Folgen unterschrieben und wir wollen uns im März alle zusammensetzen, wenn der Film im Kino ist und wir wieder Zeit haben. Sender, Regie, Schauspieler und Produktion überlegen dann gemeinsam, wie wir weiter machen.

Wir werden Tschiller nicht neu erfinden, Tschiller bleibt der Tschiller. Aber natürlich können wir im Fernsehen nicht mehr annähernd toppen, was wir im Kinofilm gemacht haben. Er hat wahnsinnig viel erlebt und jetzt müssen wir sehen, was für eine Richtung wir ihm geben. Ich freue mich darauf, das gemeinsam zu erarbeiten.

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Werden Sie einen Gang herunterschalten?

Schweiger: Nein, das wohl nicht. Aber wir haben sicherlich gelernt, dass wir einen Film nicht mehr mit Waterboarding oder einem Kalaschnikow-Überfall anfangen. (lacht) So etwas wird in Zukunft am Ende passieren. Wir haben die Leute erschreckt, das konnte man an den Kurven der Einschaltquoten regelrecht sehen.

In den ersten drei Minuten haben jedes Mal zwei Millionen Leute weggeschaltet. Es war ihnen einfach zu viel. Viele, vor allem jüngere Zuschauer haben es auch toll gefunden und die Filme gefeiert. Und etliche ältere haben schnell zum „Traumschiff“ und zum „Bergdoktor“ umgeschaltet.

Wie kam es zu Ihrem Engagement für die Flüchtlinge?

Schweiger: Das konnte man ja ausführlich in den Medien verfolgen. Nach dem Shitstorm auf meinen Facebook-Eintrag hin hatte ich einfach das Gefühl, etwas tun zu müssen. Das finde ich wichtiger, als jetzt darüber zu reden. Wer möchte, kann auf unserer Webseite tilschweigerfoundation.de nachlesen, was in Arbeit ist. Es sind ganz viele Projekte.

Stimmt es, dass Sie auch einen Film zu diesem Thema planen?

Schweiger: Uns wurde ein Drehbuch angeboten und wir warten jetzt auf die erste Fassung. Wenn sie toll wird, dann werden wir es machen.

Sie drehen derzeit mit Wolfgang Petersen „Vier gegen die Bank“. Das Projekt klingt nach einer Menge Spaß?

Schweiger: Ja. Ich habe mit allen Kollegen schon gearbeitet, mit Jan Josef Liefers, mit Michael „Bully“ Herbig und mit Matthias Schweighöfer. Wir verstehen uns gut und haben eine wunderbare Zeit. Und einen wunderbaren Regisseur. Wolfgang ist so ein Schatz. Er geht mit einer großen Freude zur Arbeit und sorgt für ein tolles Klima. Er hat seinen Film genau im Kopf und ist trotzdem offen für Ideen. Es ist ein einziges Fest.

Was macht „Schweiger: Off Duty“? Oder gibt es ihn gar nicht?

Schweiger: Doch. Schweiger off duty verbringt gerne Zeit mit seinen Kindern und mit Freunden. Er mag gute, amerikanische Serien. Er macht Sport und feiert auch gerne mal. Und irgendwann denkt er: „Jetzt muss ich mal wieder arbeiten.“ Und das macht er auch sehr gerne. (mz)