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Theaterhaus Jena Theaterhaus Jena: Hinter den Masken deutscher Regentinnen

Von Andreas Hillger 21.02.2003, 16:21
Maximilian Grill, Frank Benz, Rene Marik und Sophie Basse, alle als Margot Honecker und Barbara Wurster, Holger Kraft und Ulrike Knobloch alle als Hannelore Kohl (v.l.n.r), spielen am Jenaer Theater in einer Szene des Stücks «Margot und Hannelore». (Foto: dpa)
Maximilian Grill, Frank Benz, Rene Marik und Sophie Basse, alle als Margot Honecker und Barbara Wurster, Holger Kraft und Ulrike Knobloch alle als Hannelore Kohl (v.l.n.r), spielen am Jenaer Theater in einer Szene des Stücks «Margot und Hannelore». (Foto: dpa) ddp

Jena/MZ. - Das Duell der Regentinnen findet auf dem Laufsteg statt: Verbissen stöckeln die schwarzen Witwen auf ihre weißen Kontrahentinnen zu, die bereits den Zustand der Erlösung erreicht haben. Lächelnd plaudern sie über das Wetter, bis die Maske fällt. Und dann zischen sie sich Bosheiten über das jeweils andere Land entgegen, das dem eigenen Gatten als Brutstätte des Bösen galt.

Leicht hätte Marc Beckers "Margot & Hannelore", das jetzt im Theaterhaus Jena uraufgeführt wurde, als politische Platitüde verenden können. Jeder Versuch, die Ehefrauen von Erich Honecker und Helmut Kohl als möglichst realitätsnahe Kopien auf die Bühne zu bringen, verbot sich angesichts der kollektiven Erinnerungs-Folien in Ost und West ohnehin. Und auch der Versuch, komödiantische Karikaturen am Kaffeetisch zu versammeln, schien angesichts ihres zeitgeschichtlich dokumentierten Lebens und Sterbens riskant.

Doch nachdem sich der 1969 geborene Becker bereits dafür entschieden hatte, die widersprüchlichen Persönlichkeiten in verschiedene Facetten aufzufächern, ging Regisseur Christian von Treskow noch einen Schritt weiter. Bühnenraum und Choreografie betonen den Revue-Charakter der Szenen, die jeweils vier Margots und Hannelores mit sich selbst, mit ihren Männern und miteinander konfrontieren. So wird das Risiko der Kolportage verringert sowie der Blick für Lebenslauf und Seelenzustand geschärft.

In der Herleitung der politischen Haltung aus den biografischen Erfahrungen hat das Stück seine unstrittigen Stärken. Während die junge Margot Feist in ihrer Heimatstadt Halle durch die KZ-Haft ihres Vaters geprägt wird, erlebt Hannelore Renner die Nazi-Zeit im benachbarten Leipzig als Tochter eines NSDAP-Mitläufers. Und während die eine - als Parade-Beispiel für die Gleichberechtigung der Frau im Sozialismus - zur Ministerin für Volksbildung aufsteigt, stilisiert sich die andere zur Ikone der heilen Familie. Dass Wandlitz und Oggersheim im übrigen einen vergleichbaren Standard geboten haben, weiß man seit der Wende.

Dieser geschichtliche Zäsur ist als Dreh- und Angelpunkt der Schicksale stets präsent. Doch während sich die Verliererin im chilenischen Exil gegen Vorwürfe der Mitwelt verteidigt, spricht die Frau des Einheits-Kanzlers aus einem nebulösen Jenseits zur Nachwelt. Gemeinsam ist beiden ihr Beharren auf der öffentlichen Form, die von persönlichen Enttäuschungen immer wieder torpediert wird. Wenn die private Frau von ihrem politischen Spiegelbild zur Ordnung gerufen wird, provoziert Becker neben Gelächter auch Mitleid, das aus der Einsicht in die Erbärmlichkeit hinter den Fassaden resultiert.

So wäre es, vor allem dank der brillanten Theaterhaus-Truppe, ein gelungener Abend - wenn nicht irgendwann doch noch die Gatten ihre Stimmen erheben würden, die man auch als gelungene Parodie nicht mehr hören mag.

Nächste Vorstellungen: Sonnabend, 20 Uhr