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Theaterhaus Jena Theaterhaus Jena: Als eigenständige GmbH Vorbild für andere Bühnen

Von Arno Schütze 11.08.2004, 06:47
Blick auf das Theaterhaus in Jena, aufgenommen am 22.07.2004. (Foto: dpa)
Blick auf das Theaterhaus in Jena, aufgenommen am 22.07.2004. (Foto: dpa) dpa

Jena/dpa. - Das Theater ist eine Ruine - nur der Bühnenraumist in Jena stehen geblieben. Den baufälligen Zuschauerraum des vonBauhaus-Architekt Walter Gropius entworfenen Hauses rissen Arbeiter1987 ab. Der Plan der Stadt, damit einen Neubau zu erzwingen, schlugfehl. Als einzige große Stadt in Thüringen stand Jena plötzlich ohneTheater da. Heute lebt die Ruine: Das Theaterhaus im ehemaligenBühnenraum ist eines der Glanzlichter zeitgenössischen Schauspiels inOstdeutschland. Auch organisatorisch gilt es manchen als Vorbild.«Wir sind eine GmbH, bei der die Gesellschafter aus den Reihen desEnsembles stammen», sagt Geschäftsführer Roman Rösener. «Da ist dieMotivation eine ganz andere, und viele Strukturen sind effizienter.»

In Weimar machen die Mitarbeiter des Deutschen Nationaltheatersähnliche Erfahrungen. 2002 wurde es in eine gemeinnützige GmbHumgewandelt, mit der Stadt als alleinigem Gesellschafter. «Für großeHäuser ist das die zukunftsträchtigste Organisationsform», sagtGeschäftsführer Thomas Schmidt. Als GmbH müsse ein Theatereigenständig wirtschaften, Überschüsse oder Defizite gingen nicht imstädtischen Haushalt unter. Das Haus schreibt schwarze Zahlen. ImGegenzug für den Verzicht der Mitarbeiter auf Tariferhöhungen habensie eine Arbeitsplatzgarantie bis 2008. Intendant Stephan Märki sagt:«Es funktioniert wirtschaftlich und künstlerisch.»

Der Deutsche Bühnenverein warnt allerdings davor, solche Beispielezum allgemeinen Vorbild zu erklären. Die größere Unabhängigkeitprivatisierter Bühnen berge immer auch ein höheres Risiko, sagtGeschäftsführer Rolf Bolwin. «Städte tun sich dann leichter,Finanzierungsverträge zu kündigen.» Manche Privatisierungen inDeutschland seien schief gegangen, wie bei den mittlerweilegeschlossenen Häusern Metropol-Theater Berlin und Tanz Forum Köln.

Das Theaterhaus Jena kennt die Risiken. Erst 2003 drohte das Land,die Fördermittel zu stutzen. Dennoch sieht Rösener hauptsächlichVorteile in der GmbH. Da die Mitarbeiter zum Teil auch Gesellschafterseien, könne die Chefetage nicht ohne sie entscheiden. «Die Ideen fürden Spielplan, die Besetzung und die Gastregisseure werden mit demEnsemble diskutiert», sagt er. «Die notwendige Offenheit beeinflusstdie künstlerische Arbeit enorm positiv.» Zudem seien sich alle derVerantwortung für ihr Haus bewusst und achteten auf Kosten. «Bei unsverschwindet nicht mal so eben ein Akku-Schrauber», sagt Rösener. DerKrankenstand der 36 Mitarbeiter tendiere gegen Null. Dabei sind dieKonditionen alles andere als rosig. «Wir bezahlen weniger als denMindestlohn.»

Zur neuen Spielzeit im September übernimmt - wie alle paar Jahre -ein neues Team von Schauspielern und Regisseuren das Geschehen. Siewollen an den Erfolg der Vorgänger anknüpfen. Erst im Februar gewanndas Theaterhaus den Pokal des renommierten Theaterwettstreits«Impulse». In einer viel beachteten Bewertung von Theatern durch dasBranchenblatt «Theater heute» kam die Bühne 2003 auf 13 Nennungen.«Nach der Berliner Volksbühne stehen wir damit im Osten auf Platzzwei», sagt Rösener. Von Thüringer Häusern kam nur das DeutscheNationaltheater Weimar ebenfalls in der Auswertung vor - mit zweiNennungen.

Der Erfolg liegt aber auch an den Zuschauern, die in Jenatypischerweise Jeans und nicht Anzug tragen. «Jena ist eineStudentenstadt, wo moderne Inszenierungen gut ankommen», sagtRösener. In Meiningen etwa ist Ähnliches nicht möglich. In der zuEnde gegangenen Spielzeit verlor das Südthüringer Haus wegen der zumodernen Gangart ein Drittel ihrer Abonnenten.

«Die Bereinigung der Theaterlandschaft in Thüringen wirdweitergehen, wir werden gestärkt daraus hervorgehen», prophezeitRösener. Auch die Geldgeber scheinen das zu wollen. Das zu je zweiFünfteln von Stadt und Land finanzierte Haus war 2003 das einzigeTheater, das zusätzliches Geld bekam.