Theater op Platt Theater op Platt: Ohnsorg-Theater feiert 100. Geburtstag

Hamburg/dpa. - «Durch das Fernsehen wurde das Ohnsorgbundesweit populär. Noch heute bringen die jährlich vier neuen TV-Aufzeichnungen stabile Quoten. Das Fernsehen ist für uns existenziellwichtig», sagt Ohnsorg-Intendant Christian Seeler.
Mit einem Spielplan voller Höhepunkte feiert die Bühne ihren 100.Geburtstag. Auftakt ist an diesem Sonntag (25. August) mit derUraufführung «Jenny ehr Rezept». Angekündigt ist auch dieUraufführung des Hans Albers- Stücks mit Uwe Friedrichsen in derHauptrolle (25. Mai). In «La Paloma adé!» schildert Paul Barz denberühmten Albers als innerlich zerrissenen Ufa-Star, der 1943 imzerbombten Hamburg seinen unvergessenen Film «Große Freiheit Nr. 7»dreht.
«Aktuelles Volkstheater, neue Stücke und alte Ohnsorg-Reckenbestimmen den Spielplan, der einen Bogen über die vergangenen hundertJahre schlägt», meint Seeler. Auch das schräge Rock-Musical mit demTitel «Wi rockt op Platt» gehört dazu (28. September). Mit Witz undSelbstironie werden dabei Welthits in niederdeutscher Versionpräsentiert: Statt «Don't cry for me, Argentina» singt die Kuh aufdem Weg zum norddeutschen Schlachthof «Ween nich üm mi, Großenaspe!»Der Ohnsorg-Geburtstag wird am 12. Oktober mit der plattdeutschenFassung von Arthur Millers «Tod eines Handlungsreisenden»(«Utmustert») und einer Party gefeiert.
Ganz in der Nähe von Hamburgs Jungfernstieg liegt in einemehemaligen Kontorhaus das Ohnsorg-Theater. Millionen Zuschauer sehenlaut Seeler alljährlich die Inszenierungen: In erster Linie imFernsehen, aber auch in dem niedrigen Zuschauerraum in den GroßenBleichen und auf Tourneen und Abstechern der Truppe. In demPrivattheater wird konsequent plattdeutsch gesprochen, eine Ausnahmegibt es nur bei den TV-Sendungen: Damit auch die süddeutschenZuschauer verstehen, worum es geht, ertönt das dem Hochdeutschenangenäherte Hamburger «Missingsch».
Vom Repertoire her gilt die niederdeutsche Bühne mit 16 festengagierten Schauspielern als Volkstheater. Die Unterhaltungüberwiegt, aber fast immer sind die Ohnsorg-Stücke einunbestechlicher Spiegel menschlicher Eigenarten. Träger der Bühne isteine GmbH, deren einziger Gesellschafter der Verein NiederdeutscheBühne Hamburg e.V. ist. Der Gesamtetat des Theaters beträgt 5,5Millionen Euro, die Kulturbehörde schießt alljährlich rund 3,8Millionen dazu.
Richard Ohnsorg, einst Büchereileiter, gründete 1902 dieDramatische Gesellschaft Hamburg, die sich 1906 in Gesellschaft fürDramatische Kunst umbenannte und später Niederdeutsche Bühne hieß.Nach Wanderjahren bekam die Bühne 1936 das erste feste Haus, in demsie heute noch spielt. Nach dem Tod Ohnsorgs 1947 erhielt die Bühneseinen Namen. Rudolf Beiswanger übernahm sein Erbe. Von 1949 bis zuseinem Tod 1970 - er starb, während seine Frau Heidi Kabel auf derBühne stand - leitete Hans Mahler die Bühne. Ihm folgten GüntherSiegmund, Konrad Hansen, Walter Ruppel, Thomas Bayer und 1995Christian Seeler.
Wird die staatliche Subvention auch ab 2003 nicht gekürzt, kannder Intendant optimistisch in die Zukunft blicken. «Diedurchschnittliche Auslastung von 94 Prozent zeigt, dass unser Ansatzmit komödiantisch verpackten, aktuellen Themen stimmt», sagt Seeler.Der Theaterchef ist sicher: «Das Zuschauer-Potenzial fürplattdeutsches Theater ist noch groß.»