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Theater Naumburg Theater Naumburg: Faust zieht es in die Kirche

Von kai agthe 18.05.2015, 18:15
Intendant Stefan Neugebauer
Intendant Stefan Neugebauer Biel Lizenz

naumburg - „Wir Neuen sind auch erst einmal Außenseiter“, sagt Stefan Neugebauer, der designierte Intendant des Theaters Naumburg mit Blick auf sich und seine Schauspieler, die mit ihm von Berlin an die Saale wechseln. „Außenseiter“ lautet aber auch das Motto seiner ersten Spielzeit, deren Programm Neugebauer jetzt in Naumburg vorstellte. Entgegen sonstiger Gepflogenheiten wird die neue Saison nicht erst im September, sondern bereits am 22. August beginnen: Passend zu der vom Kunstverein der Domstadt veranstalteten Ausstellung „Naumburg und die Düsseldorfer Malerschule“, die derzeit im früheren Schwurgerichtsgebäude zu sehen ist, wird der Schauspieler Peter Johan Szenen aus Thomas Bernhards Komödie genanntem Roman „Alte Meister“ szenisch vortragen.

Die Zusammenarbeit mit dem Verein Kunst in Naumburg soll die generelle Richtung seiner Intendanz vorgeben, so Neugebauer. Durch Kooperationen, die auch seine Vorgängerin Susanne Schulz pflegte, will er das Theater noch stärker hin zur Stadt öffnen.

Neugebauer stand zuletzt auch einer kleinen Bühne vor

Auch und gerade weil er aus Berlin kommt, betrachte er es als „große Leistung für eine so kleine Stadt, sich so ein Theater zu leisten“. Neugebauer stand zuletzt auch einer kleinen Bühne vor: dem Clubtheater im Stadtbad Berlin-Steglitz. Bereits mit 14 Jahren wollte er die DDR verlassen, lernte aber zunächst das Tischlerhandwerk und bereitete sich dann auf ein Studium der evangelischen Theologie vor. Als er 1988 nach West-Berlin ausreisen durfte, studierte er Theaterwissenschaft. Nach dem Studium war Neugebauer Dramaturg in Nürnberg, wechselte ins Regiefach und gründete sein eigenes Theater in Berlin.

Die seit Jahren in Naumburg geführte Diskussion, wo das aus allen Nähten platzende Theater ein neues Domizil finden könnte, sieht Neugebauer eher entspannt: „Man muss die Situation nicht dramatisieren und sollte nicht glauben, dass unser Haus zusammenfallen würde.“ Es zeigt sich jedoch immer deutlicher, dass die Stadtverwaltung und auch das Land das einstige Schwurgericht, das baulich in die frühere Justizvollzugsanstalt eingebunden ist, als künftigen Standort des Theaters favorisieren.

So wünscht es sich auch der Förderverein Theaterfreunde Naumburg, der jüngst sein 20-jähriges Bestehen feierte. Bei einer Festveranstaltung bekannten sich sowohl Gerhard Miesterfeldt (SPD), der Vizepräsident des Landtags von Sachsen-Anhalt, als auch Bernward Küper (CDU), Naumburgs Oberbürgermeister, zu einer kulturellen Nutzung des Schwurgerichtsgebäudes. Neugebauer selbst will nicht nur Theaterchef sein, sondern auch mit gleich fünf eigenen Inszenierungen in seiner ersten Spielzeit seine, wie er es formulierte, „Duftmarke“ setzen. „Ich bin Regisseur mit Leib und Seele“, bekennt der Berliner des Jahrgangs 1963. Seinen Einstand wird er deshalb mit dem bekanntesten Drama deutscher Sprache geben: Goethes „Faust“. Der Tragödie erster Teil sei zwar „kein ganz kleines Stück, aber das kann man auch mit vier Schauspielern realisieren“, betonte der Intendant, der damit die Größe seines Ensembles benannte. Sein eigenes Haus ist Neugebauer für das „Faust“-Drama jedoch zu eng, weshalb es in der Marien-Magdalenen-Kirche aufgeführt wird, was nicht nur mit dem „Prolog im Himmel“ zu erklären sei, sondern auch mit der großartigen Akustik des spätbarocken Kirchleins im Herzen der Naumburger Altstadt.

Acht Naumburger Grundschülern spielen in „Emil und die Detektive“

Besonders freue sich Neugebauer auf die Inszenierung von Paul Henges Drei-Personen-Stück „Das Urteil“, für das er den Berliner Schauspieler Friedhelm Ptok (85) als Gast gewinnen konnte. Die Regie-Arbeit zu Erich Kästners „Emil und die Detektive“ wird eine besondere Herausforderung darstellen, weil drei Schauspieler gemeinsam mit acht Naumburger Grundschülern spielen werden. Dafür wird es ein Casting für Kinder geben. Auch das Weihnachtsmärchen wird der Intendant selbst realisieren. Bei „Hänsel und Gretel“, einem Stück für Kinder ab sechs Jahren, „wird auch der Wald mitspielen“, versprach der Intendant.

Danach befragt, ob er, wie seine Vorgängerin Susanne Schulz, die jetzt ans Theater im fränkischen Ansbach wechselt, bei Autoren eigene Stücke in Auftrag geben werde, sagte Stefan Neugebauer, dass ihm vorschwebe, ein Drama über Uta von Naumburg auf die Bühne zu bringen. Der beste Text solle bei einem Wettbewerb und mit Unterstützung einer Jury gefunden werden. Aber das sei ebenso noch Zukunftsmusik wie die Idee, ein Musical in der Domstadt zu inszenieren. (mz)

Informationen zur Spielzeit: www.theater-naumburg.de