Theater Magdeburg Theater Magdeburg: Die «Titanic» auf der Jungfernfahrt
Magdeburg/MZ. - Unter der kompetenten Leitung des neuen Kapellmeisters Alexander Steinitz tut er dies allerdings in eigentümlichem Kauderwelsch: Nicht nur die Texte changieren zwischen übertiteltem Italienisch und einer deutschen Übersetzung, die dem Zuschauer Spanisch vorkommen soll. Auch musikalisch ist Rossini lediglich einer der Paten an der Wiege des Werks: Eine mechanische Rezitativ-Begleitung beginnt plötzlich zu swingen, in Almavivas Gesangsstunde erklingt gar unverhofft die "Titanic"-Melodie "My Heart will go on" ... Es ist ein gewagtes Spiel, das der junge Regisseur mit den Seh- und Hörgewohnheiten des Premierenpublikums treibt. Und dass die Rechnung am Ende aufgeht, war am Anfang keineswegs abzusehen.
Da nämlich kam vor dem Hause des Arztes Bartolo eine Straßengang mit Ghettoblaster zusammen, um das Ständchen für die schöne Rosina zu begleiten. Später durfte man diversen Not-Operationen sowie einer finalen Pyjama-Party zuschauen, wobei sich die Akteure eher durch Skurrilität als durch Lebensnähe auszeichneten. Als der riskante Abend an der Grenze des Nonsens aber dann doch bejubelt wurde, lag dies vor allem an seiner hohen musikalischen Qualität.
Die Magdeburgische Philharmonie nämlich spielt mit maximalem Einsatz und höchstem Gewinn, der nur gelegentlich auf Kosten der Sänger geht. In der klassischen Dopplung des Darsteller-Dreiecks sind die komischen Alten mit Wolfgang Klose, Paul Sketris und Veronika Schreckenbach bestens besetzt, während zwischen Ulf Dirk Mädlers Figaro und Iurie Ciobanus Almaviva abermals ein Stern leuchtet: Ute Bachmaier spielt als Rosina so wunderbar jugendlich und meistert ihre Koloraturen dabei so artistisch, dass man seinen Augen und Ohren kaum trauen mag.
Dass sich auch der Opernchor dem gewaltigen Spaß nicht verweigert, komplettiert den hervorragenden Eindruck der Inszenierung. Nach dem Mehltau der Ära unter Max K. Hoffmann scheint sich hier tatsächlich ein Aufbruch zu neuen Ufern anzudeuten - und dass er zum großen Teil mit den bewährten Kräften gelingt, weckt Hoffnungen für den Start des neuen Generalintendanten Tobias Wellemeyer.
Nächste Vorstellungen: 15. und 26. Mai, je 19.30 Uhr