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Theater Magdeburg Theater Magdeburg: Die Provinz als Quelle der Inspiration

Von Sabine Heimgärtner 24.01.2007, 07:10

Magdeburg/dpa. - Die Provinz ist für Magdeburgs neuenBallettdirektor Gonzalo Galguera Quelle der Inspiration. «In Berlin, Madrid oder Paris ist alles viel anonymer, hier ist der Kontakt zumPublikum verbindlich und intensiv, man wächst miteinander», erklärtder 37-Jährige, der seit Beginn der neuen Spielzeit das Ballett amMagdeburger Theater leitet und mit «Keine Schmerzen!» bereits diezweite Uraufführung vorbereitet. Begeistert berichtet er von seiner«wundervollen Erfahrung in der echten Provinz», in der KleinstadtDessau. Am dortigen Anhaltischen Theater choreografierte er von 1999bis 2004 mehr als 20 Stücke, nach Stationen in Havanna, Lima, Madridund Berlin.

Erschöpft sitzt Gonzalo Galguera nach der Probe zu «KeineSchmerzen!» hinter der Bühne. «Es ist physisch und intellektuellanstrengend, weil man darauf achten muss, dass alles wie ein Uhrwerkineinander greift.» Gesang, Tanz und Show über Liebe, Leid und Tod -«Keine Schmerzen!» ist der Titel des vierten Albums des HannoveranerGesangsduos «Schneewittchen», das im Mittelpunkt des neuen Galguera-Balletts steht. Der Stress wenige Tage vor der Uraufführung desStücks wirkt sichtbar belebend auf den aus Kuba stammenden Tänzer undChoreografen.

Hochkonzentriert führt der Künstler seine Tänzergruppe durch dieschwierigen, oft schrill-schrägen Passagen und schickt höchstenskleine, feine Hilfestellungen in Richtung Bühne: «Es wird ausgetanztbis der Arzt kommt! » - «Der Mann schaut ins Publikum, die Frau indie Diagonale - es gibt keine Beziehungen» oder an einen einzelnenTänzer: «Weißt Du, wo Du bist, nein, das sehe ich, dass Du nichtweißt, wo Du bist.»

Die sehr junge Compagnie nennt er liebevoll «unsere kleine Babel-Welt», - 19 Tänzer aus 14 Nationen -, nur mit dem Unterschied, dassdas Sprachengewirr Babels im Magdeburger Ballettsaal nicht zuMissverständnissen und Disharmonie beiträgt, sondern Galgueras hoheSynchronität in den Gruppenbildern geradezu herausfordert.

Schon mit seiner ersten Uraufführung, «Requiem», im Novembervergangenen Jahres, machte Galguera als einer der jüngstenBallettchefs Deutschlands überregionale Schlagzeilen. Kühn verlegteer Mozarts Totenmesse in das amerikanische HochsicherheitsgefängnisGuantanamo auf Kuba und zeigte, dass seine Auffassung von modernemTanztheater die Zusammenführung aller Künste bedeutet - Gesang, Tanz,Bildende Kunst und Schauspiel.

Überschneidungen also, die auch sein persönliches Lebensmotto seinkönnten. «Ich wollte nie nur Tänzer sein und nie nur Choreograf»,erklärt der Künstler, der immer noch beides ist. Die Doppelrolle seiwie eine Sucht. Die Großen des Fachs wie Tom Schilling, Pina Bauschoder John Neumeier sind für Galguera nicht Vorbilder, sondernBausteine in seinem Schaffen. «Jeder junge Choreograf sollteunabhängig sein von Strömungen und Geschmack, aber es ist enormwichtig, sich umzuschauen in der Szene.»

Dort, bei einem Konzert vor zwei Jahren, hat Galguera MarianneIser und Thomas Duda von «Schneewittchen» aufgespürt. «Das hat sofortgefunkt und wir hatten richtig Lust, uns mit unseren verschiedenenKunstformen ins Gehege zu kommen», sagt Galguera mit viel Humor.