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Thalia-Ensemble Halle Thalia-Ensemble Halle: Schutzengel dringend gesucht

Von Andreas Montag 12.10.2013, 12:11
Shioban (Natascha Mamier) hilft Christopher (Justus Verdenhalven) dabei, die Mutprobe des Zugfahrens zu bestehen.
Shioban (Natascha Mamier) hilft Christopher (Justus Verdenhalven) dabei, die Mutprobe des Zugfahrens zu bestehen. Falk Wenzel Lizenz

Halle/MZ - So viel Unruhe um das Theater in Sachsen-Anhalt: Den Häusern in Dessau, Eisleben und Halle stehen schwere Zeiten bevor, wenn kein Wunder geschieht, das die notwendige Strukturdebatte vor den Vollzug drastischer Sparmaßnahmen setzt. Indes - der Zorn treibt die Künstler nicht nur zu Protesten, sondern spornt sie bei ihrer Arbeit eher noch an.

Trotzige Botschaft

Sollte dies die Absicht der Politik gewesen sein, so wäre sie zwar dennoch nicht zu feiern für ihre Pläne. Aber sie hätte immerhin etwas bewegt. Das Theater lebt, diese Botschaft senden die Bühnen trotzig aus. So auch das Thalia-Theater, mit dessen Abwicklung als eigenes Haus im Verbund der halleschen Bühnen GmbH das Trauerspiel seinen Anfang genommen hatte. Nunmehr als Sparte im Schauspiel geführt, hat die Truppe am Donnerstagabend in der Kammer des Neuen Theaters einmal mehr gezeigt, was sie leisten kann.

Unter Regie des Gastes Boris von Poser erlebte das Jugenddrama „Supergute Tage“ seine mit sehr viel Beifall bedachte Premiere. Der Applaus war hochverdient, schließlich hat alles gestimmt: Das Stück von Simon Stephens nach dem Erfolgsroman von Mark Haddon ist aufregend zeitnah, Regisseur und Bühnenbildner (Timo von Kriegstein) gehen ohne Schnörkel und auch mit Witz zur Sache. Und die Schauspieler, voran Justus Verdenhalven in der Hauptrolle des 15-jährigen Christopher Boone, sind mit Leidenschaft dabei. Die Geschichte erzählt von dem hochbegabten Jungen, der am Aspergersyndrom leidet, einer Form des Autismus.

Gestörte Kommunikation

Supergute Tage hat er, wenn er fünf rote Autos in einer Reihe am Straßenrand geparkt sieht. Und er hat Schwierigkeiten, die oftmals verstörend wirkende Umwelt immer richtig zu verstehen. Das ist freilich nicht nur ein Problem von Menschen mit diesem sehr speziellen Krankheitsbild, gestörte Kommunikation ist eines der großen Gegenwartsthemen.

Auch Christophers Eltern können nicht miteinander reden, beide sehnen sich nach Liebe und scheitern daran. Ed, der Vater (eindringlich gespielt von Enrico Petters) ist ein weicher, aber auch zum Jähzorn neigender Mann. Als Judy (ebenfalls gut: Louise Nowitzki) ein Verhältnis mit Roger (Jörg Kunze) beginnt und schließlich fortgeht, bricht für Ed eine Welt zusammen.

Der Zuschauer erfährt das wie Christopher in Bruchstücken. Ed hat den Jungen belogen: Die Mutter sei krank, schließlich erklärt der Vater seine Frau für tot. Christopher aber, der zunächst nur den Mord am Hund der Nachbarin aufklären will, bringt die Wahrheit ans Licht und ist tief verletzt. Supergut ist es für ihn, wenn er nicht berührt wird, aber aufgehoben ist. Die Lehrerin Shioban (Natascha Mamier) hat das verstanden, sie ist wie ein guter Geist, ein Schutzengel für den Jungen. Auch Ed und Judy wissen es eigentlich. Sie haben es nur vergessen, weil sie selber so hilflos sind.

Nächste Vorstellungen: 15. November, 10 Uhr, 23. November, 20 Uhr.