"Tatort"-Kritik: "Schutzlos" "Tatort"-Kritik: "Schutzlos": Spannend kurzweilig aktuell - Schweizer "Tatort" überzeugt

Der Fall
Unter einer Brücke in Luzern wird ein nigerianischer Flüchtling tot aufgefunden. Todesursache: ein Stich ins Herz. Schnell wird klar, dass der Jugendliche Ebi Osodi (Charles Mnene) tief ins Drogenmilieu der Stadt verstrickt war. Polizeichef Eugen Mattmann (Jean-Pierre Cornu) will den Fall am liebsten schnellstmöglich zu den Akten legen, schließlich „wäre der Junge bald ohnehin abgeschoben worden“. Seine beiden Kommissare Liz Ritschard (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) lassen allerdings nicht locker und stoßen im Zuge ihrer Ermittlungen unter anderem auf die rätselhafte Jugendliche Jola West (Marie-Hélène Boyd), die – wie sich später herausstellt – die Schwester des Toten ist und mit ihm einen Coup plante: Das Geschwisterpaar wollte dem Drogenboss Koks klauen und den Erlös seiner Mutter in Nigeria schicken.
Die Auflösung
Zu Beginn deutete alles daraufhin, dass der Mörder im Drogenmilieu zu finden sein wird – etwa der Drogenboss selbst oder der fiese, koksschnupfende Waffenhändler. Beide waren betrogen worden, ein Motiv hätten sie gehabt. Doch – wie so oft – war es am Ende die Eifersucht, die ein Todesopfer forderte. Der Junge Navid Massud, ebenfalls ein Flüchtling, hatte sich in Jola verliebt und die Beziehung der jungen Frau mit Ebi fehlinterpretiert. Da er – wie alle anderen – nicht wusste, dass die beiden Geschwister sind, ging er von einer Liebesbeziehung aus. Eines Nachts wollte Navid den jungen Nigerianer zur Rede stellen, der jedoch umnebelt von Drogen gleich mit einem Messer auf ihn losging. Bei der anschließenden Rangelei kam es zu dem tödlichen Stich ins Herz.
Was war gut?
Insbesondere für die oft – zu recht – kritisierten Schweizer Tatorte konnte die Story dieses Mal durchaus überzeugen. Sie blieb bis zum Ende spannend und beleuchtete ganz freimütig akute Probleme der Flüchtlingspolitik: Wie kann man minderjährigen Flüchtlingen helfen, die versuchen, sich ohne Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen in einem vollkommen fremden Land zurechtzufinden? Und ebenso wichtig: Wie kann man verhindern, dass charakter- und skrupellose Kriminelle die Notlage der jungen Leute ausnutzen?
Was war nicht gut?
Der zweite Handlungsstrang – Kommissar Flückiger litt an anfallsartigen Kopfschmerzen und halluzinierte infolgedessen – war nervig. Die schmerzverzerrten Grimassen, die er zog, wirkten unfreiwillig komisch und die Visualisierung seiner Pein mit grellem Licht und chaotischer Musik war einfach nur störend – und für die Geschichte absolut unnötig.
Fazit
Regisseur Manuel Flurin Hendry hat es mit „Schutzlos“ geschafft – wenn auch mit einigen Abstrichen – einen durchaus kurzweiligen Krimi-Abend auf den Bildschirm zu bringen.