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"Tatort" Kritik "Tatort" Kritik: Leichenteile Säure und ein undurchsichtiges Privatleben

Von Anne Burgmer 15.11.2015, 20:10
Die Berliner Ermittler Robert Karow (Mark Waschke) und Nina Rubin (Meret Becker).
Die Berliner Ermittler Robert Karow (Mark Waschke) und Nina Rubin (Meret Becker). dpa Lizenz

Der Fall

Bei Abrissarbeiten in einer Berliner Laubenkolonie fanden Bauarbeiter Leichenteile in einem mit Säure gefüllten Fass. Eine Spur führte Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) zu dem iranischen Einwanderer Saed Merizadi (Husam Chadat), Inhaber eines kleinen Dentallabors in Neukölln. Er hatte die Identität seines toten Bruders angenommen, weil dieser einen deutschen Pass hatte und er nicht. Hatte er ihn deshalb umgebracht?

Die Kommissare tauchen ein in die Welt von Menschen, die illegal in Berlin leben. Und was hatte es mit der zweiten Leiche auf sich, die auf dem Grundstück gefunden worden war.

Der Täter

Der iranische Einwanderer war nicht ermordet worden, sondern das Opfer eines Unfalls. Während eines nächtlichen Spaziergangs war er überfahren worden und der Fahrer des Autos hatte die Leiche auf dem Grundstück verschwinden lassen, auf dem er gerade die Bodenplatte goss.

Die zweite Leiche interessierte Karow jedoch viel mehr. Denn der Mann war mit derselben Waffe erschossen worden wie Karows Partner Maihack. Karow will unbedingt klären, wer seinen Partner getötet hat, am Ende wurde er jedoch selbst wegen Mordverdachts festgenommen. Ende offen.

Die große Premiere

Die große Neuigkeit gab es nach etwas mehr als 70 Minuten. Karow flirtete in einer Bar mit einem Mann und nahm diesen mit zu sich. Zwar war kein Sex zu sehen, aber die Zigarette danach am frühen Morgen auf dem Balkon ließ keinen anderen Schluss zu: In Berlin gibt es den ersten schwulen „Tatort“-Kommissar. Nachdem vor kurzem Jochen Drexler (Sylvester Groth) im „Polizeiruf 110“ einen Mann liebte, zog nun also der „Tatort“ nach. Oder etwa doch nicht?

„Es gibt keine Antwort auf diese Frage“, sagt die beim RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) verantwortliche „Tatort“-Redakteurin Josephine Schröder-Zebralla. „Robert Karow ist flirrend und rätselhaft, und so bleibt auch die Frage nach seiner sexuellen Ausrichtung ein Geheimnis.“

Für Verwirrung bei den „Tatort“-Fans wird sicherlich auch die Tatsache sorgen, dass Karows Partnerin Rubin ihn auf die Affäre anspricht, die er mit der Frau seines früheren Partners hatte. „Robert Karow lässt sich in keine Schublade stecken. Wem sein Herz gehört, wird sich herausstellen“, sagt Schröder-Zebralla.

Fazit

„Ätzend“ (Regie: Dror Zahavi) war der zweite Fall der neuen Berliner Ermittler. Und wer ihren ersten „Das Muli“ nicht gesehen hatte, hatte ein Problem. Denn das Buch von Stephan Wagner und Mark Monheim griff den Handlungsstrang rund um die schwierige Vorgeschichte des undurchsichtigen Kommissars Karow wieder auf. Freunde des horizontalen Erzählens kamen da auf ihre Kosten. Allerdings verlor „Ätzend“ den aktuellen Fall sträflich aus den Augen. Er wurde beinahe zur Randgeschichte.

Das war schade, lieferte er doch einige eindrückliche Einblicke in das Leben von Menschen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland wohnen. Und auch die kühlen Farben, in die Kameramann Gero Steffen Berlin tauchte, gefielen. Wer gerne tief in das Privatleben der Ermittler eintaucht, wird seine Freude gehabt haben. Wem jedoch der Fall wichtiger ist, wird von „Ätzend“ enttäuscht gewesen sein.