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"Tatort"-Kritik "Tatort"-Kritik: Kein "Breaking Bad" in der Steiermark

Von Anne Burgmer 31.08.2014, 20:19

Der Fall:

Aus früheren Episoden des österreichischen Ermittlerduos ist bekannt, dass Bibi Fellner (Adele Neuhauser) eine schwierige Kindheit hatte. Jahrelang hatte sie keinen Kontakt zu ihrem gewalttätigen und alkoholabhängigen Vater. Doch gerade, als sie in den Urlaub aufbrechen wollte, meldete sich das Heim, in dem er lebte. Der Vater lag im Sterben und Bibi ließ sich von Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) überreden, hinzufahren. Als Werner Fellner starb, schien die Sache für Bibi ausgestanden, doch der verarmte Trinker hatte seiner Tochter mehr als 30 000 Euro hinterlassen. Woher hatte er so viel Geld? Fellner und Eisner wollten das aufklären und schmuggelten einen Bekannten in das Heim ein. Schnell stellte sich heraus: Ein Rentnergang rund um den ehemaligen Unternehmer Pauls Ransmeyr (Peter Weck) schmuggelte Crystal Meth aus Ungarn nach Österreich, um die karge Rente aufzubessern. Wie sich herausstellte wickelte Ransmeyr mit seinem Enkel und anderen Helfern diese Deals ab.

Der Täter:

Am Ende gab es vier Tote: Bibis Vater, der allerdings eines natürlichen Todes gestorben war, ein anderer Heimbewohner, ermordet mit einer Überdosis der Droge, Enkel Ransmeyr, erschlagen vom Opa, und der Täter selbst – er sprang von einem Hausdach in den Tod.

Das war gut:

Bibi Fellner ist eine coole Sau. Das steht fest. Die Partnerin von Moritz Eisner im „Tatort“ aus Österreich ist laut, selten diplomatisch, hat zwielichtige Freunde (Inkasso-Heinzi tauchte auch mal wieder auf) und eine schwierige Vergangenheit. Und Adele Neuhauser spielt sie mit der richtigen Mischung aus Härte und Verletzlichkeit. Insofern ist es eine gute Nachricht, dass Bibi Fellner im zehnten Fall der beiden, der die neue „Tatort“-Saison eröffnete, im Mittelpunkt stand. Auch Krassnitzer agierte angemessen zurückhaltend. Und die meisten Nebendarsteller – hervorzuheben ist hier besonders Branko Samarovski als schräger Senioren-Undercover-Ermittler – konnten ebenfalls überzeugen.

Schönstes Zitat:

Bibi Fellner ist immer gut für bemerkenswerte Sprüche. Ein Beispiel: Fellner: „Früher hätt' ich mich in solchen Momenten niederg'soffen." Eisner: „Und jetzt?" Fellner: „Jetzt denk' ich mir, dass ich mich gern niedersaufen tät." Und als ihr Eisner nach dem Tod des Vaters einen Schnaps anbot, lehnte sie ab mit der Begründung: „Diesen Triumph gönne ich ihm nicht.“ Das zeigt Größe.

Fazit:

Altersarmut ist ein brisantes Thema, doch leider wurde „Paradies“ diesem nicht gerecht. Regisseur Harald Sicheritz und Kameramann Thomas Kiennast haben Uli Brées Buch mit dem Holzhammer inszeniert. Das Altersheim war so schummrig ausgeleuchtet, dass es wie eine Gruft wirkte, die Charaktere – wie etwa die Heimleiterin – waren zum Teil so stereotyp gezeichnet, dass sie wie Karikaturen wirkten. Und der Fall selbst war erstens nicht besonders spannend, zweitens an vielen Stellen unrealistisch und zu allem Überfluss auch noch sehr überzeichnet. Für „Breaking Bad“ in der Steiermark konnte das nicht reichen.