1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. "Tatort" aus Kiel: "Tatort" aus Kiel: Mit Boerne wäre das nicht passiert

"Tatort" aus Kiel "Tatort" aus Kiel: Mit Boerne wäre das nicht passiert

Von Michael Kohler 30.03.2014, 19:03

Was ist passiert?

Auf der Jagd nach Schürfrechten in der Tiefsee geht die Firma Marex über Leichen. Ein Umweltschützer wird in seinem Pool ertränkt, ein leitender Marex-Angestellter, dem das Gewissen schlägt, sieht es via Skype zufällig mit an. Er will aussteigen, inszeniert mit Hilfe seiner Ehefrau seinen Tod und lässt es wie Mord aussehen. Was seine Frau nicht weiß: Sein neues Leben will er nicht mir ihr, sondern mit seiner Geliebten beginnen. Obwohl es lange keinen Leichnam gibt, ermitteln Axel Milberg und Sibel Kekilli trotzdem wild drauflos und verdächtigen der Einfachheit halber einfach alle: die Ehefrau, die Firma, die Geliebte, den Konkurrenten.

Wer mordet am schönsten?

Nach ein paar besinnlichen Fischbildern gibt es schon den ersten ziemlich fiesen Mord. Man sieht dem Umweltschützer ins Gesicht, während er unter Wasser um sein Leben kämpft und denkt sich vielleicht: Bei „Derrick“ hätte es das nicht gegeben. Aber die gewisse Drastik gehört zum deutschen Krimi mittlerweile so selbstverständlich dazu wie die teilweise etwas verwegene Logik. Ein wenig Horror aus der Pathologie darf auch nicht fehlen: Dieses Mal gibt es einen Leiche ohne Gesicht. Am schauerlichsten sind aber die Unterwasserbilder der unfassbar dreckigen Kieler Förde anzusehen.

Wer macht mit?

Der Kölner Bestsellerautor Frank Schätzing gibt als Experte für drohende maritime Katastrophen einen durchaus gelungen Kurzauftritt und erklärt die Tiefsee zum neuen El Dorado. Kommissar Borowski fragt ihn: „Kenne ich Sie?“ und bekommt zur Antwort: „Wenn Sie Krimis mögen.“ Auch sonst ist die Besetzung prominent: Axel Milberg ist gut wie immer, Sibel Kekilli deutlich besser als in „Game of Thrones“ und Nicolette Krebitz als selbstlos liebende Witwe der Höhepunkt des Kieler Tatorts.

Wer kann was?

Mit Karl-Friedrich Boerne wäre das nicht passiert: Der Kieler Pathologe fällt auf den Trick des Ehepaars herein und hält den von ihnen ins Wasser gekippten namenlosen Toten irrtümlich für den Vermissten; die Größe stimmt ja immerhin. Auch sonst ist es mit der Professionalität der Figuren nicht weit her: Der Killer zielt beim Showdown so weit daneben wie ein Betrunkener beim Schützenfest (ein schlechtes Zeugnis für die Bundeswehr), die Kommissarin fuchtelt grundlos mit der Dienstwaffe herum, und wenn die Drehbuchautoren auf die Schnelle eine Botschaft los werden wollen, lassen sie eine Figur halt Selbstgespräche in Form von Leitartikeln führen.

Was taugt es?

Trotz guter Ansätze ist der Kieler „Tatort“ nicht so schlecht, um schon wieder lustig zu sein. Aber gut ist er eben auch nicht. Am besten sind die absurden Verhörmethoden der ziemlich menschenfeindlichen Kommissare. Wenn sie nur dürften, würden sie wohl jeden wegsperren, der ihnen verdächtig vorkommt – oder gerade über den Weg läuft. Vor allem, wenn sie ihre Tabletten nicht genommen haben.