1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Tanz: Tanz: Spanien trauert um Antonio Gades

Tanz Tanz: Spanien trauert um Antonio Gades

Von Jörg Vogelsänger 21.07.2004, 15:47
Die spanische Tänzerin Laura de Sol als Carmen und der spanische Tänzer und Choreograf Antonio Gades als Choreograf Antonio in dem getanzten Film «Carmen» von Carlos Saura (Archivfoto vom 22.07.1983). Mit dem Tod von Antonio Gades hat Spanien einen seiner größten Tänzer und bekanntesten Flamenco-Botschafter verloren. Der am Dienstagabend (20.07.2004) im Alter von 67 Jahren an Krebs gestorbene Schöpfer des Spanischen Nationalballetts galt als Erneuerer eines Genres, das bis heute in seiner Heimat von vielen verkannt wird und im Ausland lange Zeit als bunte Folklore abgetan wurde. (Foto: dpa)
Die spanische Tänzerin Laura de Sol als Carmen und der spanische Tänzer und Choreograf Antonio Gades als Choreograf Antonio in dem getanzten Film «Carmen» von Carlos Saura (Archivfoto vom 22.07.1983). Mit dem Tod von Antonio Gades hat Spanien einen seiner größten Tänzer und bekanntesten Flamenco-Botschafter verloren. Der am Dienstagabend (20.07.2004) im Alter von 67 Jahren an Krebs gestorbene Schöpfer des Spanischen Nationalballetts galt als Erneuerer eines Genres, das bis heute in seiner Heimat von vielen verkannt wird und im Ausland lange Zeit als bunte Folklore abgetan wurde. (Foto: dpa) dpa

Madrid/dpa. - Mit dem Tod von Antonio Gades hat Spanien einenseiner größten Tänzer und bekanntesten Flamenco-Botschafter verloren.Der am Dienstagabend im Alter von 67 Jahren an Krebs gestorbeneSchöpfer des Spanischen Nationalballetts galt als Erneuerer einesGenres, das bis heute in seiner Heimat von vielen verkannt wird undim Ausland lange Zeit als bunte Folklore abgetan wurde. «Er hat eineganze Ära geprägt», sagte die von ihm entdeckte Tänzerin CristinaHoyos am Mittwoch. Dabei war es nicht die Berufung, die ihn zum Tanzführte, es war die nackte Not. «Durch meine Adern floss keinKünstlerblut, sondern die Anämie des Hungers», sagte er einmal.

Denn Gades wurde 1936 zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegesgeboren und wuchs in den dunklen Jahren des Franco-Regimes (1939-1975) auf. Sein Vater war ein einfacher Maurer, der im Krieg auf derSeite der Republikaner gegen die Truppen des Diktators gekämpfthatte. Auf der Suche nach einer besseren Zukunft zog die Familie vonAlicante nach Madrid, doch schon als Kind musste Gades die Schuleverlassen, um als Laufbursche Geld zu verdienen. «Die armen Leutekonnten damals nur als Tänzer oder Stierkämpfer etwas werden»,blickte er später zurück. Also steckte er seine ganzen Ersparnisse inden Tanzunterricht.

Mit 15 wird Gades von der Ballerina Pilar López entdeckt, die vonder Grazie und Ästhetik des Jungen begeistert ist. «Von ihr habe ichgelernt, dass ich nicht besser als die anderen, sondern besser alsich selbst sein musste.» Sie gibt dem eigentlich als Antonio EsteveRódenas geborenen Talent auch seinen Künstlernamen. In ihrerCompagnie avanciert Gades zum Ersten Tänzer, gastiert im Ausland undfeiert 1962 sein Debüt an der Mailänder Scala. Da er auch einbegabter Schauspieler ist, folgen erste Filmengagements. 1969 gründeter schließlich sein eigenes Ensemble.

Zwar wurde Gades auch in seiner Heimat gefeiert. Doch der bis zuseinem Tode überzeugte Kommunist war dem Regime unbequem, nichtzuletzt weil er als Choreograf Stücke des im Bürgerkrieghingerichteten «roten Dichters» Federico García Lorca auf die Bühnebrachte und gegen die Diktatur auf die Straße ging. So hatte er immerwieder Francos Zensoren im Nacken. Doch selbst nach dem Ende desRegimes brachte ihm seine politische Überzeugung Probleme ein: ZweiJahre nach seiner Ernennung zum ersten Direktor des SpanischenNationalballetts wurde er 1980 von dem damaligen Kulturminister -Francos einstigem Zensurchef - gefeuert.

Indirekt verhalf dies dem «Revolutionär des Flamenco» aber zuminternationalen Durchbruch: Er begann seine Zusammenarbeit mitRegisseur Carlos Saura, mit dem er «Bluthochzeit», den Kinohit«Carmen» und «Der Liebeszauber» drehte. Die Flamenco-Trilogie machtebeide auch im Ausland berühmt. Doch Gades kehrte mit seiner Compagnieauf die Bühne zurück und wurde noch im vergangenen Jahr - auch inDeutschland - mit «Fuenteovejuna» nach dem Klassiker von Lope de Vegagefeiert. Eine besondere Beziehung hatte er stets zu Kuba. StaatschefFidel Castro war bei der ersten seiner zahlreichen Ehen Trauzeuge.«Die Revolution dort hat mich darin bestärkt, dass meine jugendlichenIdeale nicht falsch waren», sagte er noch vor wenigen Monaten.