1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Subway To Sally: Subway To Sally: Im Haus aus Schmerz

Subway To Sally Subway To Sally: Im Haus aus Schmerz

Von Steffen Könau 10.05.2014, 15:08

Schwarz in Schwarz, schwärzer geht es eigentlich nicht. Vor drei Jahren war Eric Fish mit seiner Band Subway To Sally dort angekommen, wo kein Licht ist. Alle Farben ausradiert, die folkloristischen Elemente, die die Musik der Kapelle des in Halle aufgewachsenen Sängers und Multiinstrumentalisten über zwei Jahrzehnte unverwechselbar gemacht hatten, weggekürzt. Geblieben war auf dem elften Studiowerk des Septetts deftige Hartmetallkost mit Doppelbass und Riffgitarre.

Ein Album aus dem Folkrockkeller, das wie ein Gegenentwurf zum Vorgänger „Kreuzfeuer“ wirkte. Subway To Sally, bis dahin eine der bekanntesten Bands im Reich von Drehleier, Dudelsack und Lateingesang, wurden für das Risko belohnt: Plötzlich avancierte die Gruppe, die ihre Wurzeln in der DDR-Folkbewegung hat, zur führenden Kapelle des düsteren Mittelalter-Rock, der über Genregrenzen hinweg Rammstein-Rhythmen, Walter-von-der-Vogelweide-Texte und Metallica-Melodien nutzt, wenn es gerade passt.

Mit dem neuen Album „Mitgift“ gehen Fish, der eigentlich Eric Hecht heißt, und seine Mit-Musiker einen Weg konsequent weiter, der sich beim Debütalbum „1994“ noch keineswegs erahnen ließ. Damals, erzählt Hecht gern, „saßen wir wirklich da, haben alle die Hände ineinander gelegt und uns versprochen, dass wir das jetzt zusammen durchziehen.“ Die Band mit den Gitarristen Michael „Bodenski“ Boden, Simon Levko und Ingo Hampf, der Geigerin Silke Volland, Bassist Silvio Runge und Trommler Simon Michael Schmitt war fast schon die aktuelle, die Musik allerdings verglichen mit heute ein laues Lüftchen, mehr Mummenschanz als Megarock, der Gesang, so sagt Hecht selbst, „eher grausam“.

Kein Album aus der Märchenwelt

Das fällt besonders auf, weil neue Stücke wie „Ad Mortem Festinamus“, „Für immer“ oder „In kaltem Eisen“ mit einer Wucht über die Rampe kommen, die das Zwerchfell zittern lässt. Geigen und Gitarren, laut und leise, temposcharf und langsam - das dutzend Songs bietet einen atemberaubenden Ritt durch musikalische Stile und Zeiten. Der rote Faden ist diesmal der Inhalt, der ganz grob von Nick Caves Album „Murder Ballads“ inspiriert ist: Fish und Co. präsentieren hier durchweg „Mördergeschichten“, wie es im Untertitel heißt. Reale Fälle aus fünf Jahrhunderten liefern den sieben Songdetektiven die Vorlage für Lieder über Morde aus puren Hass und Totschlag aus Liebe, für düstere Moritaten über Teufel und Vampire und nur oberflächlich lieblich klingende Werwolf-Geschichten.

Freilich ist „Mitgift“, das als Titel doppeldeutig gelesen werden soll, kein Album aus der Märchenwelt. Blut und Schmerzen, Gewalt und Angst, der Tod und die Mädchen, das alles dient als Metaphern für das kleine Böse und die alltäglichen Abgründe, die jedem Menschen jeden Tag begegnen.

Während Marktsackpfeife, Bagpipe, Schalmei, Barockoboe, Blaswandler und der übrige exotische Instrumentenpark, mit dem Subway To Sally aufwarten, meist nur dezente Verzierungen liefert, gelingt es Eric Fish einmal mehr, mit seiner Märchenerzählerstimme in ein großes Kopfkino einzuladen. Begleitet von zarten Frauenstimmen wie in „Grausame Schwester“ knurrt und gurrt der 44-Jährige, der bis zur vierten Klasse in Halle lebte und heute als einziger Ex-Hallenser in der ersten Rockliga spielt.

„Mitgift“ macht klar, dass dieser Erfolg kein Zufall ist. Leicht um elektronische Elemente erweitert, zelebrieren Subway To Sally ihren düsteren Barock in Vollendung: Wo Cave Balladen bot, gibt es hier druckvolle Totentänze.