Ausstellung in Berlin Strenges Handyverbot bei Böhmermanns Unvernunft-Schau
Zwischen Satire, Ernst und nacktem Bundeskanzler: Böhmermann zwingt Besucher zum Abschalten. Und zeigt Hass-Parolen auf Postkarten und Exponate zwischen echtem Leben und Medienwirklichkeit.

Berlin - Von der Freiheitsstatue ragen nur noch Kopf und Arm aus einem Wasserbecken. Darüber prangen außen am Berliner Haus der Kulturen der Welt auf Englisch die Sätze: „Ihr habt es endlich geschafft! Ihr Verrückten! Ihr habt es vermasselt!“ Die Anspielung auf die Schlussszene des Filmklassikers „Planet der Affen“ (1968) nach dem Untergang der Menschheit empfängt die Besucher der dreiwöchigen Ausstellung des bekannten TV-Moderators und Satirikers Jan Böhmermann (44). Der Titel: „Die Möglichkeit der Unvernunft“ (27.9. bis 19.10.).
Böhmermann: „Ich stelle nur Fragen“
Erklären wollen Böhmermann („ZDF-Magazin Royale“) und seine Gruppe Royale die vielen Exponate und Installationen nicht so gerne. „Ich stelle nur Fragen. Ich habe auch nicht immer Antworten“, sagt er kurz vor der Eröffnung am Samstagvormittag. Um dann aber doch einige Hinweise zu geben.
Vor allem betont er ein strenges Handy-, Foto- und Filmverbot für den ganzen Ausstellungsbereich im Inneren. Das Ausschalten der modernen Technikmedien liege ihm am Herzen: „Das ist hier bewusst ein anderes Konzept als das Internet. Es soll nicht reproduzierbar sein, sondern erlebbar.“ Auch bei der Eröffnung ist es nicht erlaubt, aktuelle Fotos von Böhmermann zu machen.
Die Ausstellung stehe auch für eine Kommunikation, die sich ändern müsse, sagt der Satiriker. „Wir müssen aufhören damit, nicht miteinander zu sprechen und nur über ein technisches Medium zu kommunizieren.“ Böhmermann guckt dann plötzlich tatsächlich ganz ernst und sagt: „Wollen wir das wirklich weiter so halten?“
Nun fahren im Haus der Kulturen der Welt nahe dem Bundeskanzleramt Stofftiere die Kurven einer langen Schiene unter der Decke hinab, um schließlich in einem Schredder zerstört zu werden. Ein Fahndungsplakat ruft zur Suche nach Ex-FDP-Chef Christian Lindner, seiner Frau und weiteren Prominenten aus Medien und Politik auf wegen staatsfeindlichen Aktivismus.
Auf einem kleinen Tisch stehen Shampoo-Fläschchen aus einem Hotel von Donald Trump in den USA. „Bitte nicht mehr benutzen“, sagt Böhmermann bei der Presseführung.
Helmut Kohl aus Butter und ein nackter Friedrich Merz
Andere Stücke wie Handtücher sollen aus der Zwangsversteigerung des Besitzes des insolventen Millionärs René Benko stammen. Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl ist als überlebensgroße Büste aus Butter vertreten. „Daher muss dieser Raum auf 18 Grad gekühlt werden.“
Der aktuelle Kanzler Friedrich Merz (CDU) schaut nackt von drei Bildern, die mit Künstlicher Intelligenz hergestellt wurden. „Deutschlands Stimme hat Gewicht“, heißt die Bildreihe. Viele Ausstellungsstücke haben einen Bezug zu Böhmermann. Ausgedruckte Strafanzeigen und Schriftstücke aus rund 100 Prozessen, die er geführt habe, sind zu einer hohen Säule geformt.
Auf Postkarten sind Hasskommentare und Kritik an Böhmermann gedruckt - vorne zu sehen sind Fotos von Menschen. Sie stammten aus den Internetprofilen der Absender, erklärt Böhmermann.
„This ist not America“
In seinen Antworten auf viele Fragen schwankt er zwischen seiner bekannten Eloquenz, purer Satire und engagiertem Ernst. „Die Ausstellung befasst sich mit unserer Zeit und was wir für real halten“, sagt Böhmermann. Unvernunft sei nicht immer etwas Schlechtes, genauso wenig wie Vernunft immer gut sei. Der konservative Kulturstaatsminister Wolfram Weimer bekommt ein paar Seitenhiebe ab ebenso wie die USA. „This ist not America“, sagt er. Und meint, in die USA würde er gerade lieber nicht reisen.
Den Vorwurf, Antisemitismus oder Israelfeindlichkeit eine Bühne zu bieten wegen des geplanten Konzerts von Rapper Chefket am 7. Oktober, weist Böhmermann zurück. „Wenn hier das Existenzrecht Israels geleugnet wird oder der Holocaust, dann schnappe ich mir Wolfram Weimer hake mich ein und boxe die von der Bühne.“ Das sei für ihn eine absolute Selbstverständlichkeit.
Medien- und Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hatte die Veranstaltung mit Chefket in der Bundeseinrichtung HKW scharf kritisiert. Der Rapper trage auf Fotos ein T-Shirt mit einem Motiv des gewünschten Staates Palästina ohne Israel, so der Vorwurf. Dieses Motiv sei nach Ansicht der Bundesregierung antisemitisch.
Man könne in zehn Minuten durchlaufen oder lange bleiben
Zum Abschluss ordnet Macher Böhmermann seine eigene Ausstellung noch einmal präzise für die Besucher ein. „Man kann hier in zehn Minuten durchlaufen und sagen: "Fick Dich, Böhmermann, Du Arsch." Oder man verbringt hier viel Zeit.“
Die Ausstellung wird seit Samstag gezeigt - bis 19. Oktober. Geplant sind auch Konzerte, Shows, TV-Aufzeichnungen und Gesprächsrunden. Kulturstaatsminister Weimer ist für 8. Oktober als Gesprächsgast angekündigt.