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Stasi-Chef Erich Mielke Stasi-Chef Erich Mielke: Der Mann, der sie alle liebte

Von Steffen Könau 24.10.2015, 17:25
Erich Mielke (M.) in den 80er Jahren beim Besuch des Schuhkombinates „Banner des Friedens“ in Weißenfels
Erich Mielke (M.) in den 80er Jahren beim Besuch des Schuhkombinates „Banner des Friedens“ in Weißenfels Archiv Lizenz

War er der mächtigste Mann der DDR? Oder nur der zweitmächtigste? Auch 15 Jahre nach dem Tod von Stasi-Chef Erich Mielke sind sich selbst Experten unsicher. Es könnte sein, der gebürtige Berliner hatte Staats- und Parteichef Erich Honecker in der Tasche. Es könnte aber auch sein, er war ein getreuer Diener seines Herren.

Mit Mitte 20 zum ersten Mal zum Mörder

Fakt ist, so schlussfolgern die Autoren und Filmproduzenten Birgit Rasch und Gunnar Dedio in ihrem Mielke-Psychogramm „Ich. Erich Mielke“ (Sutton-Verlag, 217 Seite, 24,99 Euro), dass der Sohn einer evangelischen Arbeiterfamilie namens „Miehlke“ „absolut überzeugt war von der Richtigkeit der Idee, die er vertrat“, wie ZK-Sicherheitschef Wolfgang Herger formuliert. Geprägt durch die frühen Jahre, die er als Mitglied der Roten Jungfront im Kampf gegen „Ultralinke-Trotzkisten“ (Mielke) und Faschisten verbringt, wird er mit Mitte 20 zum ersten Mal zum Mörder, als er gemeinsam mit einem Rotfrontkämpfer-Genossen zwei Polizisten erschießt. Mielke wird gesucht, er flieht nach Moskau, er wird nach Spanien, Belgien und Frankreich geschickt und lernt dabei einerseits zu überleben. Andererseits aber auch, dass es ein ewiges „Wir“ und ein ewiges „die“ gibt.

Für Erich Mielke ist das „Wir“ immer geprägt vom Willen der Sowjetunion. Sein unbedingter Glaube an die Sache hilft ihm, Stalins Säuberungen ebenso zu überstehen wie das Internierungslager. Mielke wird Bausoldat der Organisation Todt, ein Kapitel, über das er später stets schweigen wird. Und er bleibt Kommunist, obwohl die sowjetischen Genossen ihm nach dem Krieg offen misstrauen. Ein Makel, den er mit Feuereifer auszugleichen sucht. „Bei der Geschwindigkeit, mit der Erich dem Walter in den Hintern kriecht, siehst du nicht mal mehr die Stiefelspitzen“, hat Ex-Auslandsspionnagechef Markus Wolf einen Ausspruch von Mielkes damaligem Minister Zaisser überliefert.

Alleinherrscher im Schattenreich des MfS

Eine Strategie, die verfängt. Erich Mielke wird in den folgenden 40 Jahren zu einem der mächtigsten Männer der DDR, ein Fanatiker, der Angst verbreitet und dabei mehr „Feldwebel“ ist als großer Diktator, wie Politbüro-Mitglied Günter Schabowski beschreibt. Intellektuell überfordert von einer sich ändernden Welt, bleibt dem Alleinherrscher im Schattenreich des MfS zum Schluss nur ungläubiges Staunen. „Wie kommt es eigentlich, dass wir so einfach unsere DDR aufgegeben haben“, fragt Mielke 1992, als müsste er die Antwort nicht längst wissen. (mz)