Staatstheater Cottbus Staatstheater Cottbus: Die Revolution frisst den Freiheitstraum
Cottbus/MZ. - Die braucht es allenthalben, auch im ehemaligen Energiebezirk. Die Lausitzer Fußballhelden sind gerade in die zweite Liga gestürzt und träumen vom Wiederaufstieg, die Internationale Bauausstellung plant für die Wiederbelebung der Region nach der Braunkohle.
Im Staatstheater gibt es noch bis zum Sonntag nach Pfingsten 16 Stücke im Paket, darunter einen Klassiker in Sachen Utopie: "Dantons Tod" von Georg Büchner. Dem chilenischen Regisseur Alejandro Quintana und seinen hervorragenden Darstellern gelingt es, in ganzen neunzig Minuten das Elend der Revolution zu zeigen: Sie will das Glück des Einzelnen mit Gewalt erreichen und frisst am Ende den Traum der Freiheit. Dantons Glauben an die Vernunft, die dem Terror Einhalt gebieten könnte, ist schon Teil der Tragödie, die sich unausweichlich vollzieht.
Dies hebt die Inszenierung noch heraus: Wie sie die Linien durch die Zeiten fortschreibt, ohne belehrend zu sein. Wenn St. Just einen hasserfüllten, geifernden Tobsuchtsanfall spielt, spannt sich in Gedanken der Prospekt folgender Diktatoren auf. Dantons Zärtlichkeit hingegen ist so nah, dass einen sein Sterben im Herzen rührt.
Aus anderem Holz ist Heiner Müllers "Weiberkomödie", die den Glücksanspruch der Frau im eben verkündeten Real-Sozialismus verhandelt. Peter Schroth macht das Beste daraus: Er bringt den Stoff, von Inge Müller ursprünglich als Hörspiel geschrieben, als die Inszenierung eines Hörspiels auf die Bühne. Das ist stellenweise sehr komisch und hält ironische Distanz zum Spiel ums Glück der Werktätigen beiderlei Geschlechts. Im engen Gärtchen der Diktatur hat es nicht gedeihen können.
Und jenseits davon? Im bettelarmen Bulgarien der Nach-Wende zum Beispiel, über das nächtens die Nato-Flieger gen Kosovo donnern und Raketen vom Himmel fallen lassen? Wo verrückt wird, wer schlau ist und sich zum verunglückten US-Piloten befördert. Wolf Bunge hat die bitterböse Groteske "Oberst Schädel Hirn Dings" von Hristo Boytchev auf den Punkt inszeniert: Man lacht Tränen dabei und kommt unbemerkt der Not der Menschen sehr nahe.
Der Intendant: Christoph Schroth
Der gelernte Journalist, Philosoph und Theaterwissenschaftler Christoph Schroth war von 1974-89 Schauspieldirektor am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin, seit 1992 Intendant am Staatstheater Cottbus. Zum Ende der Spielzeit gibt Schroth, eben 65Jahre alt geworden, sein Amt auf.
Die Bühne: Bürgerwunsch
Seine Gründung verdankt das Theater Cottbus dem Selbstbewusstsein der Bürger. Die florierende Textilindustrie hatte um die vorletzte Jahrhundertwende auch kulturelle Bedürfnisse wachsen lasen. 1905 beschlossen die Stadtverordneten den Bau, 1908 gab es "Minna von Barnhelm" zur Eröffnung.