Spiridon Neven DuMont Spiridon Neven DuMont: Ansichten des Übergangs
Halle (Saale)/MZ. - Das Gesicht eines jungen Mannes, wohl das des Künstlers selbst, zerfließend wie auf einer spiegelnden, bewegten Wasseroberfläche - dieses Bild, das keinen Titel hat, übt eine magische Wirkung aus. Die surrealistische, großformatig abgezogene Fotografie, in der Technik der Distorsion, also unter Verwendung eines Zerrspiegels kunstvoll verfremdet, steht programmatisch für den Kunstansatz Spiridon Neven DuMonts, der 1995 im Alter von erst 28 Jahren gestorben ist. Nun widmet der hallesche Kunstverein Talstraße ihm eine Ausstellung, die am Donnerstag eröffnet wird.
Auflösen und bewahren
Der Kölner Künstler, Sohn des Verlegers Professor Alfred Neven DuMont und seiner Frau Hedwig, ist ein Wahrheitssucher hinter den Wahrheiten gewesen, seine fotografischen Experimente, aber auch seine Zeichnungen und die Malerei zeigen Ansichten des Übergangs. Vertraute Formen und Gewissheiten, die für anscheinend Unveränderbares stehen, werden befragt und in Frage gestellt, aufgelöst und doch kenntlich bewahrt - um sie dann spielerisch und mit aller Neugier, derer ein Künstler nur fähig ist, neu zu schaffen. Faszinierend und unmittelbar berührend an seinen Arbeiten ist, wie offen der Künstler den Betrachter anspricht. Spiridon Neven DuMont, dem nur wenige Jahre blieben, seine große Begabung in künstlerischen Experimenten auszuleben, wählte oft Sujets, die seine Ungeduld und Neugier spiegeln, aber zugleich eine tiefe Sehnsucht nach Harmonie und Vollkommenheit erkennen lassen. Mehrere der in Halle gezeigten Fotografien belegen dies so eindrucksvoll, dass man sich lange nicht von den Bildern lösen mag. "Die größte Kunst ist die Lebenskunst" ist eines davon. 1991 entstanden, zeigt das Bild ein Selbstporträt des Künstlers in einer fantastischen Landschaft - ein Übergang auch dies, hin zu einer Binnenwelt, in der Liebe wie Angst verschwistert leben.
Ähnlich ist der Befund einer weiteren Fotoarbeit aus dem Jahr 1992: In "Ach, zwei Seelen in meiner Brust" führt der von Spiridon Neven DuMont oftmals eingesetzte Zerrspiegel abermals direkt zu einer geradezu schmerzhaften Aussage. Zwei Köpfe trägt die liegende Figur, schmal der eine, im klaren Profil, der andere mit geöffnetem Mund dem Betrachter zugewandt. Eine Frage, Staunen, vielleicht auch Erschrecken sind es, die aus diesem Gesicht sprechen.
Ohne Zweifel, hier hat sich ein Kunstbesessener ganz und gar dem Wagnis ausgeliefert, sich selbst zu erfahren und Mitteilung davon zu geben. Mit 18 Fotografien sowie Malereien und Collagen bietet die Schau in der Talstraße einen repräsentativen Einblick in das vielseitige Schaffen Spiridon Neven DuMonts. Angesichts des Bildes "Der Pirat Lüpertz" aus dem Jahr 1994 etwa, einer in Mischtechnik ausgeführten Collage, das Lüpertz mit einem grünen, eulenartigen Kopf zeigt, ist die Frage ganz unvermeidlich: Welche Wege, welche Ausdrucksmittel würden dem Künstler nicht noch offen gestanden haben... Und wie beherzt hat er gearbeitet, ungeachtet des Todesnähe, zweifelnd und doch voller Freude an der Form, die sich dem Gedanken zuneigen muss.
Grenzerfahrungen
Übergänge in das schillernde Reich der Fantasie markieren, das Bleibende, die Substanz im Vergänglichen entdecken, die Grenzerfahrung zwischen Leben und Sterben formulieren - in diesem selbst erteilten Auftrag ist Spiridon Neven DuMont tätig gewesen. Ein Suchender und Wissender. Seine Bilder erzählen von ihm.
Die Ausstellung mit Werken von Spiridon Neven DuMont wird am Donnerstag um 20 Uhr im Kunstverein Talstraße, Halle, Talstraße 23 eröffnet. Sie ist bis zum 28. November zu sehen. Öffnungszeiten: Di-Fr 14-19, Sa / So 14-17 Uhr.