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Shearwater verbreiten düstere Stimmung

03.07.2008, 10:21

Hamburg/dpa. - Das neueste Werk der Band aus Austin im US-Bundesstaat Texas trägt den Titel «Rook» und changiert zwischen fein instrumentierten folkigen Stücken und progressiv angehauchtem Gitarren-Indierock.

Im Hauptberuf ist Jonathan Meiburg Keyboarder in der Band Okkervil River, die erst kürzlich mit einem recht formidablen Indierock-Album und einer überzeugenden Live-Tour begeisterte. Shearwater gründete der Musiker aus Austin ursprünglich als Nebenprojekt, um sich einem ruhigeren Sound zu widmen, der bei Okkervil River nicht unbedingt an der Tagesordnung ist. Inzwischen ist aus dem Nebenprojekt allerdings eine Band geworden, die das Zeug hat, Meiburgs Heimathafen Okkervil River den Rang abzulaufen.

Schon das Album-Artwork der neuen Shearwater-Platte, das eine Art seltsam düstere und nicht eben effektive Vogelscheuche vor rauer Küstenlandschaft zeigt, verbreitet eine leicht verschrobene und spukige Stimmung. Was Shearwater mit dem ersten visuellen Eindruck versprechen, halten sie auf «Rook» inhaltlich und musikalisch: Die Songs des neuen Albums sind gekennzeichnet von einer eher düsteren Stimmung, für die sich die Band allerdings zwei recht unterschiedliche Arten der Inszenierung ausgesucht hat. Einerseits gibt es ruhige und getragene Stücke, die man zum Teil durchaus als ätherisch bezeichnen kann. Zum anderen enthält die Tracklist der neuen Platte auch deutlicher aufbrausende, aber nicht weniger dunkel gefärbte Songs, in denen E-Gitarren und massivere Instrumentierung zum Einsatz kommen.

In den ruhigen Momenten schwelgen Shearwater in der Ästhetik von Bläsern, Streichern und feinen Pianomelodien. Das alles setzt die Band in ihren Songs sehr dynamisch ein: Viele Stücke leben vom Kontrast zwischen sehr transparenten und stillen Passagen und lauten, die Stille zerfetzenden Sound-Ausbrüchen. Mit dem schönen Begriff «seltsame Anmut» versucht das Label-Info zu «Rook» zu erklären, wie diese Band klingt, und trifft ins Schwarze: Shearwater setzen auf Seltsamkeit im Sinne ungewöhnlicher Songstrukturen und auf Anmut, indem sie sich für Klangkombinationen entscheiden, die in den Händen anderer Musiker leicht unter Kitschverdacht geraten könnten, bei Shearwater aber eine leichthändige Eleganz bewahren.

Inhaltlich bewegen sich die Songs auf «Rook» in Themenbereichen, die eher auf der dunklen Seite angesiedelt sind: Es finden sich apokalyptische Bilder, Todes- und Kampfszenen, immer wieder Hinweise auf die Vergänglichkeit des Daseins. In Kombination mit dem musikalischen Wechselspiel von karger, stiller Transparenz und massiver, düsterer Soundattacken, entsteht so eine Form moderner Romantik, die ohne Verklärung auskommt. Shearwater lieben zwar das Seltsame und Verschrobene, tragen es aber mit der leidenschaftlichen Ernsthaftigkeit einer klassischen Indieband vor.

«Rook» zählt in diesem Popjahr mit Sicherheit zu den interessantesten und hörenswertesten Indierock-Alben und könnte der texanischen Band den Durchbruch von den Kritikerlieblingen zum populären Indie-Act bescheren. Verdient hätten sie es allemal.

www.shearwatermusic.com

www.myspace.com/shearwater

www.beggarsgroup.de