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Schriftsteller Schriftsteller: Lübeck will nicht kleinlich sein

01.06.2001, 13:02

Lübeck/dpa. - «Kleinkariert» hatte Nida-Rümelin die Debatte um das Für undWider des Grass-Zentrums genannt. Lübeck bekomme hier eine Chance,um die sie viele andere Städte beneideten: literarische Zentren fürgleich zwei Literaturnobelpreisträger, nämlich Thomas Mann undGünter Grass, zu schaffen.

Diese Chance will Lübeck jetzt ergreifen. Am 16. Oktober 2002,dem 75. Geburtstag von Günter Grass, soll das Zentrum eröffnetwerden, in dem vor allem seine Zeichnungen, Aquarelle und andereBildwerke gezeigt werden sollen. Rund 4,2 Millionen Mark soll dasLiteraturhaus kosten, die durch Zuschüsse von Bund und Land sowieaus Zuwendungen von Stiftungen und privaten Sponsoren aufgebrachtwerden sollen. Die Hansestadt Lübeck dürfe die Einrichtung und derBetrieb des Grass-Hauses keinen Pfennig kosten, so lautete dieBedingung, an die die Bürgerschaft ihre Zustimmung geknüpft hatte.

Die Gegner fanden sich vor allem in den Reihen der CDU und beiden Grünen, doch auch innerhalb der SPD waren die Meinungen zu demprestigeträchtigen Projekt geteilt. Angesichts eines Defizits vonrund 50 Millionen Mark im laufenden Haushalt und darausresultierenden Einsparungen im Schul- und Jugendbereich dürfe mansich nicht neue Kosten aufbürden, lautete das Haupt-Gegenargument.Ein aufgebrachter Vater schrieb in einem Leserbrief an dieLokalzeitung, die Sanierung der Schulgebäude und der Kauf neuerSchulbücher sei ja wohl wichtiger, als ein weiteresLiteraturzentrum. Dazu schrieb Grass in einem Brief, den dieBürgerschaftsmitglieder am Donnerstag auf ihren Plätzen vorfanden:Er könne es nicht akzeptieren, wenn der geplanten Stiftungunterstellt werde, sie trage dazu bei, die «Missstände in LübeckerSchulen zu verfestigen».

Nida-Rümelin habe die Haushaltssituation der Hansestadt durchausim Blick gehabt, als er sich für das Grass-Haus ausgesprochen habe,sagte der Sprecher des Staatsministers am Donnerstag. «Es wird aucheine beträchtliche Förderung aus unserem Hause geben», sagte derSprecher weiter. Allerdings müsse auch die Hansestadt Lübeck ihrenAnteil leisten, schließlich werde sie auch von dem Zentrumprofitieren. Kulturfachleute gehen davon aus, dass sich das Grass-Zentrum zu einem ähnlichen Touristenmagneten entwickeln wird, wiedas vor knapp einem Jahr wieder eröffnete Buddenbrookhaus. DiesesZentrum für den Literaturnobelpreisträger Thomas Mann und seineFamilie hat in den ersten sechs Monaten seines Bestehens rund 48 000Besucher angezogen.