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Schriftsteller Schriftsteller: Lothar-Günther Buchheim ist tot

23.02.2007, 13:52
Lothar-Günther Buchheim, Schriftsteller, Künstler und Kunstsammler, lächelt in seinem Haus in Feldafing am Starnberger See vor Schwarzweiß-Fotos sitzend in die Kamera (Archivfoto vom 12.08.2004: dpa)
Lothar-Günther Buchheim, Schriftsteller, Künstler und Kunstsammler, lächelt in seinem Haus in Feldafing am Starnberger See vor Schwarzweiß-Fotos sitzend in die Kamera (Archivfoto vom 12.08.2004: dpa) dpa

München/Feldafing/dpa. - Der Kunstsammler und Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim ist tot. Er starb am Donnerstag 89-jährig an Herzversagen, wie die Bayerische Staatskanzlei am Freitag in München mitteilte. Seinen Lebenstraum erfüllte sich Buchheim mit dem am 23. Mai 2001 eröffneten «Museum der Phantasie» in Bernried am StarnbergerSee. Furore machte er jedoch nicht nur als Kunstsammler und Fotograf. Sein 1973 erschienener dokumentarischer Roman «Das Boot», eine ebenso packende wie minutiöse Niederschrift seiner Erfahrungen als U-Boot-Berichterstatter im Zweiten Weltkrieg, wurde ein international beachteter Bestseller und in der aufwändigen Verfilmung von Wolfgang Petersen weltweit zu einem Kassenschlager.

Den Grundstein für seine heute äußerst wertvolle und internationalhoch geachtete Sammlung des deutschen Expressionismus und derfranzösischen Kunst des 20. Jahrhunderts hatte der kampferprobte undwortgewaltige «Poltergeist von Feldafing», wie er in den Mediengenannt wurde, schon sehr früh gelegt. Mit sicherem Griff kaufte erdiese in der NS-Zeit als «entartet» gebrandmarkten Bilder, als sienoch für wenig Geld zu haben waren.

Für Buchheim war das Sammeln von Kunst nie Selbstzweck.«Eigentlich ist deswegen auch der Begriff Sammler falsch. Ich wollteeinfach Bilder um mich haben, aber keine Kunstschätze horten», sagteer einmal. Für ihn gehörten Kunstsammlungen in den Besitz derÖffentlichkeit, und dies wollte er mit seiner Stiftung und dem Museumerreichen.

Doch einen Ort für seine Sammlung zu finden, gestaltete sichschwierig. München, Chemnitz und Weimar waren im Gespräch, setztensich aber nicht durch. Die Bayerische Staatsregierung schaltete sichein und so beschloss Buchheim, das Museum seinem Heimatort Feldafingzu schenken. Doch 1997 wurden auch diese Pläne gekippt mit einemBürgerbegehren - Angst vor einem Verkehrsansturm spielten ebenso eineRolle wie Buchheims polternde Art, der Gegner des Projektes als«Schilfgürtel-Gully-Ratten» oder «provinzielle Brunnenfrösche»verunglimpft hatte. Städte und Gemeinden aus ganz Deutschlandwetteiferten um die begehrte Sammlung. Den Zuschlag bekam schließlichder Feldafinger Nachbarort Bernried.

Zu einem Eklat kam es im Jahr 2001, nachdem das Schlossbergmuseumin Chemnitz eine geplante Ausstellung mit umstrittenenKriegszeichnungen von Buchheim absagte und dieser daraufhin dieEhrenbürgerschaft der Stadt zurückgab.

Buchheim habe sich sein ganzes Leben mit seiner ungeheurenKreativität und Vielseitigkeit leidenschaftlich für die Kunsteingesetzt, würdigte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU)den Künstler. Kunstminister Thomas Goppel (CSU) nannte ihn einengenialen Künstler und Sammler, der ein eindrucksvolles Lebenswerkhinterlasse. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag,Franz Maget, sagte, großen Respekt fordere Buchheimsschriftstellerische Leistung bei der Aufarbeitung des U-Boot-Krieges,mit der er zur Aufklärung über die Schrecken und dieMenschenverachtung der NS-Zeit beigetragen habe.

Die Kollektion des Wahl-Bayern mit ihren mehr als 400 Kunstwerkenvor allem der «Brücke» und des «Blauen Reiter» stelle eine derbedeutendsten deutschen Expressionisten-Sammlungen dar, erläuterteder Direktor des Wilhelm Lehmbruck Museum in Duisburg, Prof.Christoph Brockhaus. Als einer der ersten Museumsleiter hatte er dieSammlung Buchheims Anfang der 80er Jahre ausgestellt. «Buchheim, derselbst künstlerisch tätig gewesen ist, hat mit dem Aufbau derSammlung seine künstlerische Wertschätzung des Expressionismus zumAusdruck bringen wollen.» Eine kulturpolitische «Wiedergutmachung» anden ehemals von den Nazis verfemten Künstlern habe nach seinerEinschätzung nicht im Vordergrund gestanden.

Hinter dem leidenschaftlichen Sammler, Autor und Verleger mussteder Maler Buchheim allerdings etwas zurückstehen. Doch auch hierzeigte der vielseitig Begabte sein offensichtlich von der Mutter,einer Malerin, ererbtes Talent. Daneben schrieb Buchheim mehrereKunstbücher zum Expressionismus.

Buchheim, der in Feldafing am Starnberger See lebte, soll nachAngaben der Staatskanzlei im engsten Kreise beerdigt werden.