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Schönster Beruf der Welt Schönster Beruf der Welt: Wenn Frauen Kinder kriegen

Von IRIS STEIN 06.05.2011, 17:58

Halle (Saale)/MZ. - Die wirtschaftlichen Zwänge beherrschen die Diskussion um eine Tätigkeit, die von einer langen Tradition und vielen Mythen umgeben ist.

Ob in der Vergangenheit oder Gegenwart: Keine Hebamme, die nicht mit interessanten Geschichten aufwarten könnte. Da kommt ein Buch mit 20 Kronzeuginnen des schönsten Berufs der Welt - so heißt es im Untertitel - gerade recht. Die 27- bis 51-jährigen Vertreterinnen ihres Standes breiten ein weites Spektrum aus. Doch niemand muss befürchten, bluttriefende Schlachten im Kreißsaal mitzuerleben und ureigenste Frauenprobleme in Großaufnahme vorgesetzt zu bekommen. Im Gegenteil.

Was in "Alle meine Babys" verhandelt wird, betrifft Männer wie Frauen gleichermaßen. Ist spannend zu lesen für Frauen, die vor Jahren oder noch gar nicht geboren haben, und nicht zuletzt aufschluss- und lehrreich für Männer. Da geht es um Teenie-Mütter und späte Schwangere, um den Sinn von Geburtsvorbereitungskursen, Wochenbettbesuchen und Hausgeburten. Was sich so wie ein netter Streifzug liest, überrascht jedoch mit vielen Details und Informationen, die man so noch nicht kannte. Wie ist das, wenn die Hebamme zu türkischen Schwangeren und Gebärenden in Berlin kommt? Welche Probleme haben sie? Gern verdrängt wird auch das Thema Fehlgeburten. Wer weiß schon, dass nach wie vor mindestens fünfzig Prozent der Schwangerschaften in den ersten Wochen abgehen? Früher hat das niemand bemerkt, da verzögerte sich halt die Regel ein bisschen. Heute wissen Frauen sehr viel eher um ihren Zustand und müssen dann damit umgehen, dass die Natur Grenzen setzt, von denen die meisten zuvor gar nichts ahnten.

Die Einblicke in weitgehend unbekannte Themen - wie beispielsweise auch die Erlebnisse einer Hebamme, die für einige Monate im Sudan arbeitete - machen das Bändchen so einmalig und spannend. Das gilt besonders auch für die Welt des einzigen "Hebammerichs", so wurde der Entbindungspfleger Jens Unger aus Dresden einmal von einer werdenden Mutter bezeichnet. Ein Mann im Frauenberuf und noch dazu in diesem - eine hochinteressante Lektüre über die Sicht eines Mannes auf die Geburtsproblematik.

Schade nur, dass bis auf den männlichen Kollegen ausschließlich Fachfrauen aus den alten Bundesländern zu Wort kommen. Angesichts der freiberuflichen Möglichkeiten von Hebammen nach der Wende in den neuen Ländern, hätte man gern auch von ihren Herausforderungen und Erfahrungen angesichts des neuen Berufsbildes gelesen.

Antje Diller-Wolff: Alle meine Babys, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 245 Seiten, 9,95 Euro