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Schloss Oranienburg Schloss Oranienburg: Ein Stück Niederlande im märkischen Sand

Von Andreas Hillger 05.08.2003, 16:34

Oranienburg/MZ. - Der historische Sinnspruch mag dem heutigen Besucher als Leitmotiv gelten: "Honi soit qui mal y pense" haben die alten Schlossherren einst als Denkblase an der Decke ihrer prunkvollen Porzellankammer notiert, "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt". Und beim Rundgang durch die so schwer verwundeten Räume, deren neuer Glanz wie ein Verband über altem Narbengewebe wirkt, muss man sich diese Worte immer wieder ins Gedächtnis rufen. Nicht schlecht soll man denken von jenen, die in bester Absicht handeln.

Glücken freilich konnte diesen wohlwollenden Restauratoren bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die das Oranienburger Palais vor zweieinhalb Jahren wieder eröffnete, bestenfalls die Inneneinrichtung des herrschaftlichen Hauses. Das baugebundene Dekor hingegen, zu dem einst prachtvolle Stuckornamente, Paneele und Wandmalereien gehörten, hat die vielen Zweckentfremdungen der Räume nicht überstanden.

Nur 150 Jahre nämlich wurde das 1651 errichtete Schloss als Residenz der oranischen Prinzessin Louise Henriette und ihrer Erben genutzt. Danach beherbergte es eine Baumwoll- und später eine Schwefelsäure-Fabrik, ein Lehrerseminar und eine Polizeischule. Den SS-Wächtern für das benachbarte Konzentrationslager Sachsenhausen folgte die Kasernierte Volkspolizei, bis 1990 waren hier schließlich Wächter der Grenze zu Westberlin untergebracht.

All diese mehr oder minder achtlosen Nutzer haben ihre Spuren hinterlassen, nachdem sich Preußen-König Wilhelm IV. angesichts der Verwahrlosung bereits 1850 zu dem Stoßseufzer "Es sollen nicht mehr Eulen und Unken diese mir so bedeutungsvollen Räume bewohnen" genötigt gesehen hatte. Diese Gefahr ist dank neuer Fenster und Türen zwar inzwischen abgewendet. Die Geister der ursprünglichen Nutzer aber hielten - trotz kostbarer Wandteppiche und repräsentativer Gemälde, trotz einiger Möbel und einem spärlichen Rest der einst saalfüllenden Sammlung von aufwändig importiertem Porzellan - nicht wieder Einzug.

Dabei hatte Louise Henriette sich nach ihrer Verheiratung mit dem preußischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. hier ein Refugium errichtet, das in seinem Namen wie in der Ansiedlung von niederländischen Kolonisten heimatliche Gefühle weckte. Und auch ihr Sohn FriedrichI. hatte dieses von "der

besten Mutter erbaute und durch den Namen ihres Geschlechts ausgezeichnete" Haus später zu seinem Lieblingssitz erkoren und samt der Gärten um repräsentative Partien erweitert. Doch was brennende Chemikalien und achtlos abgefeuerte Munition übrig ließen, zerstörte nach dem Zweiten Weltkrieg sozialistischer Adels-Hass.

So zieht die älteste der vier oranischen Schwestern-Gründungen im direkten Vergleich mit Oranienbaum den Kürzeren - auch weil man im anhaltischen Ländchen mit seinen spärlichen Ressourcen sorgfältiger umging als im preußischen Reich. Da das Schloss vor Dessaus Toren bis an den Beginn des 20. Jahrhunderts im Besitz der fürstlichen Familie blieb - und mit seinen späteren Nutzungen als Museum und Archiv fast zwangsläufig eine konservierende Funktion verbunden war - steht die nun beginnende Instandsetzung unter besten Vorzeichen. Neidvoll wird man aus Preußen bald auf Anhalt blicken, wo Chinoiserien und Stuckdecken, Ledertapeten und Holztäfelungen ihrer Restaurierung entgegensehen - ganz abgesehen von den Fayencen im Fliesenkeller und den Garten-Anlagen, die sich bereits in gutem Zustand befinden. So mag Louise Henriettes jüngere Schwester Henriette Katharina zu Lebzeiten zwar die schlechtere Partie gemacht haben. Ihr Erbe aber sticht deren Nachlass aus.

Öffnungszeiten April bis Oktober: Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr, sonst 10-17 Uhr.