Schinkels Erbe Schinkels Erbe: Berliner Bauakademie-Attrappe als Touristenattraktion

Berlin/dpa. - In Berlins historischer Mitte blickt BaumeisterKarl Friedrich Schinkel (1781-1841) stolz vom Denkmalsockel auf seineWerke. Die Neue Wache, das Alte Museum und die FriedrichwerderscheKirche säumen den Boulevard Unter den Linden, die Fassaden leuchtenin der Sommersonne. Von diesem Mittwoch an bietet die Hauptstadt eineweitere Schinkel-Attraktion in ihrem Zentrum: An hohen Gerüsten hängtdas originalgetreue Abbild der Schinkelschen Bauakademie - alsSchaufassade. In leuchtendem Backstein-Rot werben bedruckte Planenfür den Wiederaufbau des Gebäudes, das als eines der schönstenklassizistischen Werke des preußischen Baumeisters gilt.
Vor zehn Jahren hatte ein paar Meter weiter die Stadtschloss-Attrappe die Blicke von Berlinern und Touristen auf sich gezogen. Vonder Idee her unterscheidet sich die Bauakademie-Schaufassade kaumdavon, vielleicht aber in der zeitlichen Dimensionen des geplantenWiederaufbaus. Bereits in drei Jahren, schätzt der renommierteArchitekt Hans Kollhoff, könnten die Bauarbeiten für die Akademiebeginnen. Kollhoff steht an der Spitze des Vereins InternationaleBauakademie, der die Schaufassade mit Sponsorengeldern finanziert hatund auf weitere Geldgeber für dem Wiederaufbau hofft.
Das Reizvolle der Schinkelschen Bauakademie, die in den Jahren1832 bis 1836 erbaut wurde, mag noch immer in ihren harmonischenProportionen liegen. Schinkel erdachte das Gebäude als quadratischen,viergeschossigen Backstein-Bau, dessen Fenster und Portale vonfiligranen Schmuckelementen gesäumt waren. Terrakotta-Reliefs unterden Fenstersimsen symbolisierten das Bauen als Wissenschaft undKunst. Die Flügeltüren waren aus Eisen gegossen und zeigten dieBildnisse berühmter Architekten. Schinkel schätzte sein Gebäude sehr.Bis zu seinem Tod im Jahr 1841 wohnte er im Obergeschoss, mit Blickauf Schloss und Spree. Die Bauakademie gilt von ihrer Funktion herals ein Vorläufer der Technischen Universität Berlin.
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs brannte das Gebäude aus,blieb aber in seinen Grundmauern erhalten. Erst die DDR-Führung ließden Schinkel-Bau 1962 abreißen, um Platz für ein neuesAußenministerium zu schaffen. Anfangs war von einem Wiederaufbau derAkademie an anderer Stelle die Rede. Doch es blieb bei Plänen. EinHauptportal des Gebäudes fand schließlich als Eingang des Restaurants«Schinkelklause» Verwendung.
Über den Wiederaufbau der Bauakademie wird in Berlin diskutiert,seit das DDR-Außenministerium nach der Wende ebenfalls abgerissenwurde. Wie ein Appetithäppchen errichteten junge Bauleute im Jahr2001 nahe der Spree eine Ecke des Gebäudes - sie ist nun das einziggemauerte Stück der Akademie-Attrappe.
Berlins Senatsbaudirektor Hans Stimmann hält die Wiedererrichtungder Bauakademie für realistischer und weniger umstritten als dieRekonstruktion des Stadtschlosses. «Da müssen im Grunde nur die altenSchinkel-Pläne beim Bauamt eingereicht werden», sagt er. Geld vomLand wird es allerdings nicht geben. Freunde hat die Bauakademie aberauf vielen Seiten. Die Staatlichen Museen zu Berlin und die StiftungPreußischer Kulturbesitz stehen hinter der Idee.
Die Kulisse der Akademie will die Berliner und Touristen nicht nuram Tag verzaubern. Nachts soll sie, von vielen Scheinwerfernangestrahlt, wie eine pupurrote Laterne leuchten.