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Schauspielerin Schauspielerin: Frauengestalten von herber Herzlichkeit

Von Marlene Köhler 10.01.2002, 13:38
Helga Göring
Helga Göring ZB

Halle/MZ. - Erstaunlich, nach so langer Kino-Abstinenz.Nach der Wende schien es, als ob sich mitdem Ende von DDR-Fernsehen und Defa auch dieDarstellerin von ihren Zuschauern verabschiedenwürde. Denn sich selbst anbieten, Klinkenputzen, das konnte und wollte sie nach 50 JahrenBerufserfahrung nicht.

Doch jetzt ist Helga Göring, die heute ihren80. Geburtstag feiert, wieder da. Bezeichnetsogar das vergangene Jahr als das "absolutBeste". Zusammen mit Inge Meysel als 90-jährigeJüdin Ruth Levenstein stand sie vor der Kamera,spielte in "Die Liebenden vom Alexanderplatz"deren treue Freundin, in guten wie in schwerstenZeiten. Und konnte hier ein bisschen davonzeigen, was ihre früheren Filme wie "Die großeReise der Agathe Schweigert" (1972) nach AnnaSeghers so besonders machte: ihre zurückhaltende,herbe Herzlichkeit, das präzise Spiel ohneSchnörkel.

Die 1922 in Meißen geborene Künstlerin begannihre Laufbahn am Stadttheater Bielefeld, wurdenach Frankfurt (Main) und Hamburg verpflichtet,wo sie unter anderem als Gretchen im "Faust"auftrat. Verschiedene Stationen führten sieans Staatstheater Dresden und 1952 zum Film,wo Göring in Martin Hellbergs "Das verurteilteDorf" debütierte. Fortan war sie gefragteDarstellerin berühmter Frauen - Annette vonDroste-Hülshoff, Käthe Kollwitz, DorotheaErxleben. Doch auch ihre heitere Seite konntesie Ende der siebziger Jahre endlich ausspielen:An der Seite von Herbert Köfer avanciertesie in der Fernsehserie "Rentner haben niemalsZeit" - der Titel wurde schnell zum geflügeltenWort - zur beliebtesten Großmutter im Osten.In den Achtzigern fand sie mit den TV-Schwänkenum "Drei reizende Schwestern" viele Fans.

Im Westen war die vielseitige Künstlerin,die in ihrer Freizeit gern bäckt, Gedichtelernt und liest, weitgehend ein unbeschriebenesBlatt. Nach und nach geriet ihr Gesicht wiederins Blickfeld der Fernsehmacher, schien geeignetfür Serien wie "Für alle Fälle Stefanie","Ein Heim für Tiere" oder "Freunde fürs Leben".Im Frühjahr werden wir Helga Göring im ZDF-Mehrteiler"Liebesau - die andere Heimat" wieder sehen.In dem bei Wittenberg gedrehten Film, derdie Chronik eines fiktiven Dorfes im BezirkHalle von 1953 bis 1989 erzählt, spielt sieTante Hulda - "der gute Geist der Familie,der allen energisch die Wahrheit sagt. Sogarder Polizei, und das im Osten".