Schauspiel-Intendant Schauspiel-Intendant: Festspiele zum Abschied von Sebastian Hartmann

Leipzig/dpa. - Nichts Geringeres als „Leipziger Festspiele“ sollen es sein. Zum Ende seiner fünfjährigen Schauspiel-Intendanz hat Sebastian Hartmann ein viermonatiges Mammutprogramm auf die Beine gestellt. Auf dem Plan stehen 17 Premieren und 140 Aufführungen. Dafür ließ der 44-Jährige das Große Haus umbauen. Wo einst das Publikum saß, steht jetzt eine weiß getünchte Holzarena, ein Amphitheater im Kleinformat mit 250 Sitzplätzen und Rundumblick.
Als Hartmann vor fünf Jahren die Theaterleitung übernahm, änderte er nicht nur den Namen des Hauses in „Centraltheater“. Er probierte viel aus und holte einige Theaterbekanntheiten nach Leipzig: Sophie Rois und Heike Makatsch, Armin Petras und Rainald Grebe kamen gern und oft. Für seine „Festspiele“ konnte Hartmann auch Liedermacher Gerhard Schöne und die Schauspieler Klaus Maria Brandauer und Thomas Thieme gewinnen.
Hartmanns Theater polarisierte. Vor allem für seine eigenen Inszenierungen musste der Intendant oft harsche Kritik einstecken, das konservative Publikum kehrte dem Haus den Rücken. Dafür seien viele junge Theatergänger begeistert worden, hält Hartmann dagegen. Die Auslastung lag in der vergangenen Spielzeit trotzdem nur bei 57 Prozent. Vor einem Jahr gab der 44-Jährige entnervt auf und verkündete, seinen Vertrag 2013 nicht verlängern zu wollen.
„Das Theater hat einen sehr komplizierten Stand in der Stadt, das läuft schon seit 20 Jahren aus dem Ruder“, sagt der gebürtige Leipziger, der hier auch die Theaterhochschule besuchte. Offiziell ärgert ihn vor allem die finanzielle Ausstattung: „1990 hatte dieses Haus mal um die 95 Schauspieler, heute sind es wenig mehr als 20.“
Bis zum 23. Juni ist das Prinzip Hartmann nun noch in dem kleinen Schauspiel-Oval zu sehen. „Wenn man aufhört mit einer Intendanz, dann tut das schon weh.“ Deswegen habe er beim Aufhören noch einmal etwas Neues anfangen wollen und die Arena bauen lassen. Sie sei eine andere Überlegung zu Theater, ein Ort, an dem die Trennung von Bühne und Zuschauerraum aufgehoben und der Zuschauer aus seiner reinen Betrachterrolle gerissen werde.
Beim Zwei-Mann-Stück über das Leben von Rio Reiser nutzte Regisseur Uwe Bautz diese neuen Möglichkeiten und ließ seinen Rio (Peter Schneider) die Treppen zwischen den Zuschauern rauf und runter rennen, ließ ihn eine zerlegte Wolke aus Pressspan in den Reihen verteilen oder setzte ihn zwischen die Zuschauer.
Einige Theatergäste zogen sich ob so viel Interaktion etwas verstört auf ihrem Sitz zurück, insgesamt scheint das Konzept aber aufzugehen. Fast alle Vorstellungen in der Arena sind nach Theaterangaben ausverkauft. Jedes Stück ist nur wenige Male zu sehen, dann verschwindet es vom Spielplan.
Eigentlich sollte es zum Richard-Wagner-Jahr eine Inszenierung des „Ring des Nibelungen“ am Theater geben. Eigentlich. Auch das gehört zum Prinzip Hartmann: Der Spielplan wird oft spontan umgeworfen. Der „Ring“ scheiterte an der Einladung zum Berliner Theatertreffen. Das Leipziger Ensemble spielt dort am 8. und 9. Mai Tolstois „Krieg und Frieden“ - in einer fünfstündigen Hartmann-Inszenierung. In Leipzig gibt es deshalb Becketts „Endspiel“ statt Wagners „Ring“.
Ein Titel, der zum Abschied passt. Zu Hartmanns Nachfolger wurde der bisherige Chemnitzer Schauspieldirektor Enrico Lübbe gekürt. Der 38-Jährige war bereits Anfang der 2000er Jahre als fester Hausregisseur in Leipzig engagiert. Zu den Plänen für seine Intendanz wollte sich Lübbe während der Festspiele seines Vorgängers noch nicht äußern. Kurz nach seiner Wahl im Juni 2012 hatte er bereits angekündigt, er wolle Stadttheater machen, das möglichst vielen Leipzigern gefalle.