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Schaurig-schön: Ein Tribute für «Gloomy Sunday»

29.05.2016, 04:00
Das Cimbalomduó liefert die vielleicht herzergreifenste Version von «Gloomy Sunday». Foto: Peter Boszormenyi
Das Cimbalomduó liefert die vielleicht herzergreifenste Version von «Gloomy Sunday». Foto: Peter Boszormenyi dpa

Berlin - Ein schaurig-schönes Lied, tieftraurig, verführerisch, womöglich gar verwunschen: Das ist «Gloomy Sunday», eine ungarische Ballade aus den 30er Jahren, die jetzt in einer Tribute-Compilation gewürdigt wird.

«Hungarian Noir» (Piranha/Indigo) umfasst zehn aktuelle Versionen des Songs aus verschiedenen Genres - und zwei klassische Aufnahmen von «Gloomy Sunday»: das rund 80 Jahre alte Original «Szomorú vasárnap» von Pál Kalmár und die Fassung der Jazz-Jahrhundertsängerin Billie Holiday von 1941, die das legendenumrankte Lied einst weltberühmt gemacht hatte.

Und diese Legende geht so: Als der ungarische Pianist und Komponist Rezsö Seress 1933 Musik und Text von «Szomorú Vasárnap» schrieb, war er todunglücklich über ein Beziehungsende. Zunächst wurde das allzu schwermütige Lied zurückgewiesen, eine andere Version mit den weniger hoffnungslosen Zeilen von Laszlo Javor aber ein Hit. Doch dieser führte im Budapest der 30er zu einer Reihe mysteriöser Suizide unter Berufung auf den Titel «Gloomy Sunday».

Eine amerikanische Zeitung schrieb damals, die Budapester Polizei habe das Lied «zur öffentlichen Gefahr Nummer eins ernannt und alle Musiker und Orchester darum gebeten, sie dabei zu unterstützen, seine Aufführung zu unterbinden». Und weiter: «Unter den Opfern sind Männer, Frauen und Kinder. Zwei Personen erschossen sich, als Zigeuner die melancholischen Töne auf ihren Violinen spielten. Einige brachten sich um, als sie sie zuhause auf Platten hörten.»

Dennoch: Die Liste der Sänger und Interpreten von «Gloomy Sunday» wurde lang im Laufe der Jahrzehnte - bis hin zu Serge Gainsbourg und Björk. Der «Hungarian Noir»-Sampler fasst aber nun nicht nur ältere Versionen zusammen, wie es bei der Welthit-Compilation «Sunny» vor einigen Jahren geschah. Vielmehr rief das Label Piranha 2015 dazu auf, «Interpretationen mit eigener Note und eigenem Flair» einzureichen. Der Rücklauf war riesig.

Hier gibt es also vor allem neu aufgenommene Fassungen zu hören, von furchtlosen Musikern aus Brasilien, Kuba, Kolumbien, den USA oder Polen, die die mysteriöse Ballade im Salsa-, Samba-, Tango- oder A-Capella-Stil interpretieren. Die allerschönste, weil zarteste Version liefert das virtuose Cimbalomduó, bestehend aus Kálmán Balogh und Miklós Lukács. Da bleibt wirklich kein Auge trocken! (dpa)

Schwermut pur: «Hungarian Noir». Foto: Piranha
Schwermut pur: «Hungarian Noir». Foto: Piranha
dpa