Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Liebe zwischen Lachen und Leid
Magdeburg/MZ. - Dass Ausnahmen auch diese Regel bestätigen, zeigte nun jedoch das 14. Landes-Schülertheatertreffen im Schauspielhaus Magdeburg.
Denn wenn im Parkett all jene sitzen, die eben noch selbst auf der Bühne standen oder als Nächste vor den Vorhang müssen, herrscht selbst bei drückender Hitze eine kollegiale Spannung im Saal. Und dann kann man auch anspruchsvolle Themen verhandeln - vorausgesetzt, man überzeugt seine Mitstreiter vom eigenen Anliegen.
Lateinischer Humor
Der Dessauer Inszenierung von Brechts und Weills "Jasager / Neinsager" war das zum Auftakt umso leichter gelungen, weil die Schüler mit einer Einladung ins Berliner Ensemble bereits höhere Weihen empfangen haben. Aber auch die Wittenberger Gruppe "Liberi Latini" griff am nächsten Tag nach Lorbeer: Auf Lateinisch erzählten die Darsteller die antike Geschichte vom Raub der Sabinerinnen, die Komik entstand dabei durch respektlose deutsche Zwischentexte aus dem Off. Nachdem man also unter dem Helmbusch und über der Holzschwertklinge klassisches Bildungsgut serviert hatte, wurde dieser hohe Ton in Asterix-Manier gekontert: Die spinnen, die Römer - mit Mut zum Chargieren und auf hohem rhetorischem Niveau!
Dass solche eigenen Stückentwicklungen freilich auch Gefahr laufen, ihre eigene Wirkung zu überschätzen, zeigte sich hernach bei "Diabolo" aus Thale. Der Lokal-Posse um einen Harzer Teufelsbraten und ein schwärmerisches Mädchen mangelte es an der Energie, die sich in der respektvollen Auseinandersetzung mit größeren Texten fast automatisch einstellt. Diesen Eindruck konnten am ersten Wettbewerbstag jedenfalls die Gruppe "Deja Vu" aus Wolmirstedt und die Christophorusschule aus Droyßig erwecken, die sich mit Karlheinz Frankls "Heiligeisdorf" sowie mit Frank Wedekinds "Frühlings Erwachen" präsentierten.
Mord und Pubertät
Frankls viel gespieltes (und dank der Dessauer Gruppe "Emily" in Magdeburg sogar zweimal gezeigtes) Stück erzählt von einem verschwiegenen Verbrechen, in das ein ganzes Dorf verstrickt ist. Jede Inszenierung muss deshalb nach den Gesten zwischen den Zeilen suchen. Der Mut, mit dem der Spielleiter Nils Kugler sein großes Ensemble hier durch pantomimische Szenen führt, findet in der beklemmenden Wirkung auf den Betrachter seinen Lohn. Ähnlich riskant ist die Entscheidung, Wedekinds Pubertätsdrama quasi direkt von der Zielgruppe spielen zu lassen - und ähnlich beeindruckend die Leistung der Darsteller, die atemlose Stille in Jubel wendet.
Selbst wenn man hier an Grenzen stößt und dem tragischen Finale die letzte Kraft mangelt, scheint dieser schwerere Weg zur Selbsterkenntnis im fremden Text doch die lohnendere Variante zu sein. Das letzte Wort im Wettstreit, der von erfahrenen Schauspielern und Regisseuren kritisch begleitet wurde, hat am Sonnabend jedoch das Publikum: Um 13 Uhr wird im Schauspielhaus der Lanze-Pokal an eines der zehn Stücke vergeben. Gewonnen aber haben alle, die im Wettbewerb standen - zumindest die Einsicht, dass sie viele Gleichgesinnte haben.