Rolling Stones wechseln die Plattenfirma
London/dpa. - Die Rolling Stones haben der krisengeschüttelten Musikfirma EMI einen weiteren Schlag zugefügt. Die Rock-Legenden wechseln nach mehreren Jahrzehnten zum Konkurrenten Universal Music.
Der neue langfristige Vertrag umfasse künftige Aufnahmen und auch frühere Alben wie «Sticky Fingers» oder «Exile On Main St.», teilte der Branchenführer Universal Music am Freitagabend mit. Finanzielle Details wurden nicht bekannt.
Über einen Wechsel der Rolling Stones war bereits seit längerem spekuliert worden. Der neue EMI-Eigentümer Guy Hands versucht, das britische Traditionsunternehmen mit einem rigiden Sparprogramm wieder auf Kurs zu bringen. EMI wurde schwer von Absatzeinbrüchen auf dem CD-Markt getroffen und glitt in die roten Zahlen ab. Derzeit werden bis zu 2000 der mehr als 5000 Arbeitsplätze abgebaut. Mega-Deals, wie sie von Schwergewichten wie den Rolling Stones verlangt werden können, passen da nicht ins Konzept. Der Konzern verlor bereits Stars wie Paul McCartney und Radiohead. Stones-Chef Mick Jagger dürfte sich mit dem neuen Vertrag ein angenehmes Geschenk zum 65. Geburtstag am vergangenen Samstag gemacht haben.
In der Branche ist allerdings umstritten, wie wertvoll Aufnahme- Verträge mit namhaften Musikern in Zeiten sinkender CD-Verkäufe noch sind. Die Rolling Stones verdienten im vergangenen Jahr zwar so gut wie keine andere Band - das liegt aber vor allem an den Einnahmen von rund 560 Millionen Dollar aus der vergangenen Welttournee.
Deshalb wäre es für EMI aus wirtschaftlicher ein Fehler gewesen, die Stones mit einem allzu teuren Vertrag halten zu wollen, sagte ein EMI-Insider der «Financial Times» (Samstag). «Sie verdienen zwar viel Geld - aber mit Konzerttourneen für sich selber. Sie verkaufen nicht viele Aufnahmen.» Genau das habe den Konzern in den desolaten Zustand gebracht, in dem Hands ihn gekauft habe: «Sie haben unnötig hohe Verträge abgeschlossen, um Künstler zu halten.» Auch der EMI- Vertraute räumte allerdings ein, dass der Abschied der Rolling Stones ein schwerer Schlag für das Image der Plattenfirma sei. Ihr jüngstes Album «Shine The Light» - der Soundtrack zu Martin Scorceses Konzertfilm - soll in diesem Jahr weltweit 645 000 Mal verkauft worden sein, berichtete das «Wall Street Journal».
Hands hatte EMI im vergangenen Jahr für insgesamt vier Milliarden Pfund (heute gut fünf Mrd Euro) gekauft. Er hatte schnell für Unmut unter seinen Stars gesorgt, als er von «faulen» Künstlern bei EMI sprach. Der Manager von Robbie Williams soll ihm daraufhin das Gebaren eines Plantagenbesitzers attestiert haben. Williams hatte 2002 mit einem 80 Millionen Pfund schweren Plattenvertrag für aufsehen gesorgt. Vor allem nachdem sich das jüngste Williams-Album nur mäßig verkaufte, sprechen Kritiker von einem schlechten Geschäft für EMI. Ein weiteres Beispiel für einen umstrittenen Star-Deal ist der schätzungsweise 100 Millionen Dollar schwere Vertrag des US- Rockers Bruce Springsteen, der vor einigen Jahren den damaligen Chef des Konkurrenten Sony BMG mit den Job gekostet haben soll.
Als zukunftsweisen gelten heute zudem sogenannte 360-Grad-Deals, die die gesamte Wertschöpfungskette umfassen. Die reinen Plattenverträge machen dabei nur einen Teil aus, das Geld sollen auch Konzerttourneen und der Verkauf von Fanartikeln einbringen. Im vergangenen Jahr schloss Madonna so einen Vertrag mit dem US- Konzertveranstalter Live Nation ab. Medienberichten zufolge hat der Zehn-Jahres-Kontrakt ein Volumen von 120 Millionen Dollar. Nachdem Live Nation zu ähnlichen Konditionen auch den US-Rapper Jay-Z unter Vertrag genommen hatte, wurde spekuliert, die Rolling Stones könnten die nächsten sein.