Roger Cicero Roger Cicero: Hut steht ihm gut
Halle/MZ. - Der Tick sei vom ersten Fotoshooting übrig geblieben, ergänzt er. Danach habe er gewusst: "Ja, ich habe ein Hutgesicht."
Stunden hat er soeben mit Fernsehaufnahmen zugebracht. Zum wievielten Mal er an diesem Tag Fragen gestellt bekommt, kann er auf Anhieb gar nicht sagen. Jetzt sitzt einer der zurzeit erfolgreichsten deutschen Sänger in dem kleinen italienischen Restaurant, versteckt inmitten der Leipziger Innenstadt, und hält die Arme vor der Brust verschränkt. Etwas ist nicht so wie sonst. Genau: Er trägt keinen Hut! Die Schiebermütze in schwarzweißem Pepitamuster steht ihm aber auch.
Inzwischen ist der 39-Jährige wieder auf Tour. Seit Dienstag stellen Roger Cicero und die Musiker seiner um Percussion und Gitarre erweiterten Big Band ihr neues Programm "Artgerecht" vor. Bis März treten sie mit deutschsprachigem Swing und Blues in 50 Städten auf. Dann ist der Sänger, der sich als leidenschaftlicher Live-Musiker outet, in seinem eigentlichen Element. Studioarbeit, sagt Roger Cicero, sei ihm "ein notwendiges Übel, um danach Konzerte spielen zu können". Ein Auftritt habe verschiedene Phasen: erst euphorische Begrüßung, dann das Ein-, schließlich das Loslassen. Letzteres strebt er an, es sei das Spannendste am Konzert, und es helfe ihm, der selbst stets "sehr, sehr konzentriert" sei.
Als vor drei Jahren sein erstes Album "Männersachen" herauskam, richtete sich Roger Ciceros Karriereleiter steil aufwärts: eine Million verkaufte Platten, Preise, ausverkaufte Tourneen. Mit dem Titel "Frauen regier'n die Welt" siegte er 2007 bei der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest, danach war er ein Star. Im April dieses Jahres legte er "Artgerecht" als neuerliches Ergebnis der Zusammenarbeit mit Matthias Haß und Frank Ramond vor - beide texten, komponieren und produzieren auch für Annett Louisan, Yvonne Catterfeld und Rüdiger Hoffmann. Am 30. September war Roger Cicero Geburtstagsgast einer Fernsehshow für Udo Jürgens, den er bewundert für seine Präsenz im Showgeschäft und seine stete Nähe zum Zeitgeist. Bei der Berlinale debütierte Cicero im Film "Hilde" auf der Kinoleinwand, aber umsatteln will er wohl doch nicht, er hält sich nicht für einen begnadeten Schauspieler.
Was dann, auf längere Sicht? "Ich habe," sagt Cicero, "immer sehr klare Vorstellungen, wie Musik klingen soll". Er wolle als Produzent tätig sein, irgendwann. Und sich um den Nachwuchs kümmern, denn er arbeite gern "mit Leuten, die es ernst meinen". So wie er: Sohn des Jazzpianisten Eugen Cicero, Sänger beim Rias-Tanzorchester, Horst Jankowski-Trio, Bundesjugendjazzorchester sowie bei "Jazzkantine" und "Soulounge". Ein Musiker, der seine Weiterentwicklung als "natürliches Hinzufügen" von Stilrichtungen begreift, der privat am liebsten Jazz und Soul hört, Rhythm'n Blues, Modern Gospel - alles, was ihn inspiriert.
Dass Cicero seinen Kopf nicht nur gebraucht, um einen Hut draufzusetzen, zeigt sein Engagement in gesellschaftlichen Belangen. Er ist Schirmherr der Kinderhilfsorganisation "Save the Children", zugunsten von Projekten in Rumänien versteigerte er sein Auto. Außerdem engagiert er sich für die Bekämpfung von Raubkopien, unterschrieb einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin. "Platten", sagt er, "werden nun mal nicht mit dem Laptop im Wohnzimmer produziert."
Wie er seine Privatsphäre schütze? Er ziehe klare Grenzen und spreche nicht darüber, wo sie verlaufen. Von seinem einjährigen Sohn Louis, den er auf seiner neuen CD mit dem Lied "Für 'nen Kerl" bedachte, gibt es keine Fotos, und es wird auch keine geben". Mit der öffentlichen Tatsache, dass er ihn nach buddhistischem Ritual segnen ließ, habe er hingegen kein Problem. Er selbst nennt sich einen spirituellen, nicht aber religiösen Menschen mit Sympathie für den Buddhismus.
Auf Nebengeräusche der Unterhaltungsbranche reagiert Roger Cicero gelassen. Kuriose Auszeichnungen zum Beispiel. Krefeld kürte ihn zum Krawattenmann des Jahres. Bei der feministischen Zeitschrift "Emma" wurde er Pascha des Monats. "Das war sehr lustig", pariert Roger Cicero, und man hört dem Satz an, dass er ihn so schon oft sagte. Seine Tourneen sind reine Männersachen, keine Frauen stehen neben ihm auf der Bühne. Für Big Bands sei das gar nicht ungewöhnlich, wenig Bläserinnen und so. Außerdem: "Es vereinfacht das Tourgeschehen", sagt Roger Cicero und lächelt jetzt doch. Und weiter geht es, nach München, die nächsten Fragen zu beantworten.
Roger Ciceros Programm
"Artgerecht" in der Messe Erfurt am 17.Januar, in der Arena Leipzig am 24. Januar