Rock-Legende Rock-Legende: Geschichten aus Städten, Gitarren aus dem Gebüsch
Halle/MZ. - Ganz weich klingt er da, der Gitarrengangster,der Mitte der 80er gemeinsam mit dem SängerDan Stuart und dem Keyboarder Chris Cacavasunter dem Namen Green On Red aufbrach, demallgegenwärtigen Blitzblank-Pop eine eigeneDefinition von Rock entgegenzusetzen. GreenOn Red, der Legende nach ansässig in der Wüstevon Nevada, machten Musik wie von einem anderenStern. Gemeinsam mit Bands wie Thin WhiteRope, Son Volt, Steve Wynn und Giant Sandließen sie Schönklang Schönklang sein. AufAlben wie "The Killer Inside Me" und "No FreeLunch" waren die drei von der Punkstelle eineArt Rolling Stones ohne Größenwahn, eine ArtCarpenters ohne Plattenfirmenpeitsche - knackigerBlues und Countryeinflüsse, Punk-Habitus undein Hang zu wunderlichen Melodie-Experimentenließen die vermeintliche Wüstenrockband zueinem wahren Kult für Eingeweihte auf derganzen Welt werden.
Für ein paar Jahre verkörperten GreenOn Red so ziemlich alles, was an Rock einmalwichtig gewesen war: den Geist steter Rebellionund wilden Charme, musikalischen Mut und unbedingteUnabhängigkeit. Erst als Grunge in die Szeneplatzte, verlor das Modell aus Cowboystiefel,Bluesharmonie und Industriefeindlichkeit seineAnziehungskraft. Green On Red brachen in Zeitlupeauseinander: Erst gingen Cacavas, dann Prophet,um jeweils eigene Projekte zu verwirklichen.Der Gitarrist, der dem Wüstenrock seiner Ex-Banderst Seele eingehaucht hatte mit seiner unverwechselbarenSaitenarbeit, blieb dem trockenen Sound vergangenerZeiten treu bis heute.
Auch "No Other Love", Nummer vier inzwischenin der Zählung von Chuck Prophets durchwegbeachtlichen Soloarbeiten, klingt wie eineMischung aus Tom Petty und Deltablues, störrischemTraditionalismus und handwerklicher Perfektion.Gemeinsam mit Stephanie Finch, seit einigenJahren seine Lebens- und künstlerische Partnerin,liefert der Billy The Kid des Wüstenrock elflässig ausformulierte, zumeist entspannt produzierteStücke zwischen dem kratzigem Rock von GreenOn Reds "Here Come the Snakes"-Ära, Farfisa-Orgel-Gemütlichkeitund stürmischen Geigen. Der einstige Nicht-SängerProphet, der seinem GOR-Kollegen Stuart liebendgern das Rampenlicht überließ, ist dabei inzwischenauch am Mikrophon ein überzeugender Präsentatorder eigenen Kompositionen. Wie eine Mischungaus Bob Dylan und Jeff Tweedy von den Alternative-FolkrockernWilco näselt Prophet kleine Geschichten ausden großen Städten, eingepackt in Dobro-Wimmernund Piano-Plingeln. Die Depression von einst,als kein Lächeln das Weltleiden der hartenKerle von Green On Red lockerte, sie ist geschwunden."Mach die Beach Boys an", singt Chuck Prophetheute, "zieh die Kleider aus und spring inden Fluss". Die Gitarre kriecht aus dem Gebüsch,die Melodie ist stachelig wie ein Kaktus.Aber es ist Sommer geworden in der Wüste und"After The Rain" wächst wieder etwas.