Rock Rock: Kid Rock wird erwachsen
München/dapd. - Mit seinem bislang größten Hit «All Summer Long»von 2008 hat sich Kid Rock noch einmal an seine wilde Jugenderinnert, den Sommer des Jahres 1989 im speziellen. Nun hat eroffensichtlich dieses Kapitel abgeschlossen und wendet sich demDasein als Erwachsener zu. «Ich habe nun richtige Songs», erklärtKid Rock alias Robert James Ritchie im Interview mit derNachrichtenagentur dapd nachdrücklich: «Ich will keine Beats mehr imVordergrund, keine programmierte Drum-Machine mehr, ich will Liederund Melodien, ich gebe einen Fuck darauf, wenn die Musik nur 'uffzuffz uffz' macht.»
Der ehemalige Rebell gibt sich geläutert. Und er macht dies auchmit seinen Klängen deutlich. Das dieser Tage erschienene neue Album«Born Free» (Atlantic/Warner) geht einen Schritt zurück von modernenKlängen zu klassischen Americana-Sounds. Mehr noch als auf früherenAlben schwelgt Kid Rock in Country («Flyin' High»), Boogie Woogie(«Slow Me Roll»), Blues («God Bless»); in Südstaaten-Rock undGrand-Funk-Railroad-Reminiszenzen. Produziert hat Rick Rubin und sodurchzieht das Album trotz seiner verschiedenen stilistischenEinflüsse ein roter Faden. Ein mehr oder weniger klassischesRockalbum hat Kid Rock bei der Arbeit zu «Born Free» wohl im Augegehabt und das Ergebnis kommt der Vorgabe ziemlich nahe. Auch wenndann und wann die zündende Song-Idee fehlt. Dafür ist die Stimmungeinheitlich ärgerlich-optimistisch.
Den Niedergang seiner Heimat Detroit während der zurückliegendenKrisenjahre wollte Kid Rock auf dem Album verarbeiten. Eine Heimat,die Kid Rock nach wie vor sehr viel bedeutet, wie er im Interviewerzählt: «Ich mag meinen Staat, ich mag meine Heimatstadt, ich magmeine Freunde und meine Familie. Wenn ich in Europa bin, will ich soschnell wie möglich nach Hause. Es gibt Leute in Amerika, die dahinziehen wollen, wo immer die Sonne scheint, wo, wie sie glauben, diehübscheren Leute wohnen. Sie glauben, da passiert mehr. Aber das istnicht so.»
Zwtl.: Der Kerl aus der Arbeiterklasse
Kid Rock muss es wissen. Während seiner Beziehung mit dem sehrblonden Busenstar Pamela Anderson wohnte er zeitweise in Florida undbekam viel von der Glitzerwelt von Los Angeles mit. Gefallen hat esihm wohl nicht. Kid Rock stammt aus der Arbeiterklasse und erkokettiert gern mit dieser Herkunft. Auch damit, dass seine Karrierezu einem Gutteil auf viel Schufterei aufgebaut ist. Der 1971nördlich von Detroit geborene Robert James Ritchie versuchte sichzuerst Ende der 80er als Rapper, wobei er früh schon in derTradition der Beastie Boys Rap mit harten Gitarrenriffs verband. Dieersten Platten ernteten nur mäßigen Erfolg. Lange Jahre putzte derseit 17 Jahren allein erziehende Vater Klinken, mit derCrossover-Welle Mitte der Neunziger aber kam die Zeit von Kid Rock.Zehn Jahre nach seinem Debüt feierte Kid Rock 1998 mit der Single«Cowboy» seinen ersten großen Hitparaden-Erfolg. Wiederum zehn Jahrespäter veröffentlichte er mit besagtem «All Summer Long» dieerfolgreichste Platte des Jahres 2008.
Nun geht es ihm nicht mehr um Crossover und den großen Erfolg,sondern nach eigenem Bekunden um den guten Song: «Wir haben dieStücke nicht aufwendig arrangiert», berichtet er von den Aufnahmen:«Wir haben sie geschrieben, den anderen vorgespielt und dann vier,fünf, sechs Mal durchgespielt. Das war's dann. Fertig.» Geholfen hatihm dabei auch seine Band «Twisted Brown Trucker», die seit 15Jahren mit von der Partie ist und auch auf eigenständigen Wegenfeine Sachen zustande bringt (wie etwa DJ Uncle Kracker mit seinemSolo-Album «Happy Hour» (Atlantic/WEA)). «Wir spielen zusammen undschauen, was rauskommt», sagt Kid Rock. Ein Rebell wirdbodenständig.