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Robbie Williams Robbie Williams - "The Heavy Entertainment Show": 2017 fünf Konzerte in Deutschland

Von Christian Bos 03.11.2016, 09:08
Robbie Williams, verheiratet, zwei Kinder, Beruf: Entertainer 
Robbie Williams, verheiratet, zwei Kinder, Beruf: Entertainer  Sony

Das Charisma, singt Robbie Williams im Titelstück seines neuen Albums „The Heavy Entertainment Show“, des ersten für Sony Music, sei nicht verhandelbar. Dem kann man nur enthusiastisch beipflichten. Was wäre Williams ohne seine Ausstrahlung?

Er konnte seine Zeilen vergessen, Ufos jagen oder schlicht keine allzu große Lust haben, ja, er durfte sogar nahezu unhörbare Alben veröffentlichen (du bist gemeint, „Rudebox“): Sein Charisma hat ihn noch stets gerettet, die unwiderstehliche Chuzpe, mit der er ein Millionenpublikum davon überzeugen konnte, mit ihm gemeinsam einen Insider-Witz über die Abgründe des Schaugeschäfts zu teilen.

40 Minuten frischer Musik können zur Gedulsprobe werden

Irgendwann freilich ist auch der beste Witz auserzählt, reicht es, ihn kurz anzuzitieren, können auch knapp 40 Minuten (beziehungsweise 60 Minuten in der Deluxe-Version) frischer Musik zur Geduldsprobe werden.

Weil man das alles schon zehnmal gehört hat, und so viel charmanter. Weil gefühlte 150 übereinandergelegte und mit mächtig Hall versehene Aufnahmespuren einen Song nicht epischer machen. Weil, nun, der Gründe gibt es noch und nöcher. Da müssen Sie und ich jetzt durch.

Festgerosteter Ironie-Schalter

„Guten Abend, ihr Kinder kultureller Hemmungslosigkeit“, begrüßt Williams seine Hörer und empfiehlt sich sogleich als deren Heiland, den man genießen solle, so lange es ihn noch gebe. Wo doch die Besten im Begriff seien auszusterben.

Der Song ist ein Update von „Let Me Entertain You“, mit dem Williams wohl nicht in alle Ewigkeit seine Konzerte eröffnen möchte. Das einzige, was an diesem Entertainment „heavy“ klingt, sind allerdings die Meat-Loaf-Chöre. Und die Selbstbeschreibung „wo Eminem auf Barry Manilow trifft“ scheint aus der Zeit zu stammen, als ein junger Williams noch das „Millennium“ heraufbeschwor. Sowohl was die erwähnten Künstler, als auch was den auf „Ein“ festgerosteten Ironie-Schalter betrifft.

Ein Tiefpunkt, aber es geht noch tiefer

Sanfter Spott, sattsam bekanntes Sound-Gewand, das könnte man verschmerzen. Was folgt ist viel schlimmer. „Party Like a Russian“ ist das Lied, das jeder schreiben würde, den man um vier Uhr nachts weckte und mit vorgehaltener Waffe zwänge, einen Discostampfer aus allen im Halbschlaf abrufbaren Russland-Klischees zu basteln.

Ein Tiefpunkt, aber es geht noch tiefer. Etwa mit der Erwachsenen-Radio-Ballade „Mixed Signals“, aus der Feder der Las-Vegas-Poserband The Killers, die exakt wie jeder einzelne Song klingt, den man nachts im Taxi zu hören gezwungen ist. Oder die Selbstermächtigungsnummer „I Love My Life“, für die der Krankenversicherungs-Werbespot wahrscheinlich bereits gedreht ist, gefolgt vom derb betitelten „Motherfucker“, der jedoch nur dasselbe Feld für Lederjackenträger beackert.

Auch Stuart Price, der immerhin Madonna ihr letztes gelungenes Album bescherte („Confessions On a Dancefloor“), fällt zu Robbie Williams nicht allzu viel ein. Einmal schreibt er ELOs „Don’t Bring Me Down“ als „Bruce Lee“ um, jedoch ohne den eleganten Schwung des Originals. Dann wildert er mit „Sensitive“ in Justin-Timberlake-Gefilden, für die Williams’ Stimme einfach nicht den rechten Schmelz hat.

Der große Rest, ach, er ist ja nicht wirklich schlecht

Es gibt auch leichtfüßige Momente im schweren Unterhaltungsgeschäft. „Hotel Crazy“ zum Beispiel, ein Duett mit Rufus Wainwright, mit dem Robbie Williams nicht nur die Initialen teilt, sondern auch den Sinn für elegant verschlunztes Easy Listening. Und auch das zweite Duett, leider nur in der Deluxe Version enthalten, mit John Grant, zählt zu den rar gesäten Höhepunkten. Völlig gelungen ist „I Don’t Want to Hurt You“ zwar nicht, aber die Kombination aus Grants glazialen Lamenti, Williams’großen Gesten, aus unerwarteten James-Last- und Abba-Zitaten und (schon wieder!) einem Don-Kosaken-Chor zeugt zumindest von Eigenwillen.

Aber der große Rest, ach, er ist ja nicht wirklich schlecht. Nur eben völlig generisch, durchhörbar bis zur Selbstaufgabe – und von zeitgemäßer Popmusik soweit entfernt wie Williams’ Swing-Platten. Die Zeiten, in denen dieser Entertainer sein Live-Charisma auch auf Tonträger bannen konnte, sind lange vorbei. Und sie kommen auch nicht mehr wieder.

„The Heavy Entertainment Show“ ist bei Sony erschienen.

2017 kommt Robbie Williams für fünf Konzerte nach Deutschland:

28. Juni 2017 in Düsseldorf

11.Juli 2017 in Hannover

19. Juli 2017 in Frankfurt

22. Juli 2017 in München

25. Juli 2017 in Berlin