Revolution Revolution: Che Guevaras Tochter erklärt das Leben in Kuba

Mainz/dpa. - Mit glühenden Augen und großer Gestik lobt die überzeugte Kommunistin ihren 1967 erschossenen Vater sowie den 79-jährigen Máximo Lider Castro und das kubanische Regime.
Bis zumkommenden Montag besucht Aleida Guevara das Rhein-Main-Gebiet.
Stets hat der argentinisch-kubanische Revolutionär Ernesto CheGuevara den Kapitalismus bekämpft - doch mit der Vermarktung seinesGesichtes wird längst weltweit Kasse gemacht. Sein Konterfei ziert T-Shirts und Telefonkarten, Zigarettenschachteln und Feuerzeuge, Uhrenund Unternehmensanzeigen. Alberto Kordas Foto vom Che mitmelancholischem Gesichtsausdruck und einem Barett mit rotem Stern istunzählige Male um die Welt gegangen. Sein früher Tod mit 39 Jahrenhat ihn unsterblich gemacht.
Zuvor hatte Guevara zusammen mit Castro und anderen Kampfgenossen den Diktator Fulgencio Batista aus Kuba vertrieben. Diesen Erfolg wollte der Revolutionär mit Medizinstudium auf Bolivien übertragen - doch dort erschoss ihn das Militär.
«Meine Mutter war damals so in Tränen aufgelöst, wie ich sie nochnie gesehen hatte», erzählt Aleida Guevara, das älteste der vierKinder aus der zweiten Ehe des Revolutionärs. Das Mädchen war damalssechs. «Mama hat ihn so wahnsinnig geliebt, wie es kein Romancierbeschreiben kann.» Aleida March trug ihrer Tochter dieAbschiedszeilen ihres Ehemannes vor: «Wenn ihr diesen Brief lest,werde ich nicht mehr leben.» Das Ende hieß: «Einen dicken Kuss vonPapa.»
Bei aller Trauer habe die Familie nach vorne geblickt, erzähltAleida Guevara weiter: «Wir Kinder versprachen unserer Mutter, dasssie auf uns stolz sein kann.» Fortan begleitete sie der Mythos einesVolkshelden. Dennoch habe die Familie keine Privilegien genossen. «Dawar meine Mutter strikt dagegen. Wir sollten wie alle kubanischenKinder aufwachsen - auch in den siebziger Jahren, als es eine Zeitlang nicht mal Unterwäsche zu kaufen gab.»
Aleida absolvierte eine Militärausbildung, studierte Medizin undleistete humanitäre Hilfe in Nicaragua. Seit vielen Jahren arbeitetdie Mutter zweier Töchter (15 und 17) im Kinderkrankenhaus WilliamSoler in Havanna.
Deutschland besucht die lebhafte Frau mit den großen braunen Augenund dem breiten Lächeln bereits zum vierten Mal. In Wiesbaden undMainz hält Aleida Guevara Vorträge über ihre Heimat. Zudem informiertsie sich über das hiesige Gesundheitswesen. Der Mainzer Allgemein-und Hautarzt Gunther Schwarz sagt: «Das Fachgespräch mit ihr ist sehrinteressant. Kubas Gesundheitssystem hat einen guten Ruf. ZumBeispiel ist die Säuglingssterblichkeit dort die niedrigste inLateinamerika.» Schwarz will mit Aleida Guevaras Unterstützung einenAustausch von Medizinstudenten und Ärzten zwischen Mainz und Havannains Leben rufen.
Bei politischen Fragen ist Che Guevaras Tochter nie um eineGegenfrage verlegen - oft unter Hinweis auf die USA, die Kuba seitJahrzehnten mit einem Embargo in die Knie zwingen wollen. Ein zuautoritäres Regime in Kuba? «Und wie sieht die Demokratie der USA imIrak aus?», fragt die Kinderärztin zurück. Inhaftierung vonRegimegegnern? «Und was ist mit den Gefangenen im US-LagerGuantánamo?» Viele kubanische Bootsflüchtlinge? «Und warum locken dieUSA uns mit Startgeld, Wohnungen und Arbeitsplätzen an?» Auf dieFrage nach Kubas Zukunft nach Castros Tod schließlich antwortetAleida Guevara: «Im Volk gibt es eine Überzeugung, dass es auch ohneihn weitergeht. Wir wollen nie ein kapitalistisches Anhängsel der USAwerden.»