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Gründerin der Harlem Gospel Singers Queen Esther Marrow über ihre letzte Tour mit den Harlem Gospel Singers

27.12.2016, 18:19
Superstar der Gospelszene: Queen Esther Marrow mit den Harlem Gospel Singers
Superstar der Gospelszene: Queen Esther Marrow mit den Harlem Gospel Singers dpa

Berlin - Queen Esther Marrow wurde von Duke Ellington entdeckt. In ihrer über 50-jährigen Bühnenkarriere arbeitete die Sängerin mit musikalischen Größen wie Ella Fitzgerald, B.B. King oder Ray Charles zusammen.

Mit ihrem Chor „The Harlem Gospel Singers“ begeisterte sie bislang mehr als 2,5 Millionen Menschen in Amerika und in Europa, auch vor Papst Johannes Paul II. und im Weißen Haus traten die Sänger auf. Nach 25 Jahren geht sie ein letztes Mal mit ihnen auf Tour und gastiert in Leipzig und Berlin. Mit der 75-Jährigen sprach Susanne Schramm.

Wie kam es zu dem Entschluss, nicht länger mit den Harlem Gospel Singers aufzutreten?

Marrow: Es waren 25 wunderbare Jahre, die ich nicht bereue und an die ich sehr, sehr gerne zurückdenke. Aber jetzt ist die Zeit für andere Dinge gekommen, ich will mein Leben noch einmal neu und anders gestalten. Ich habe darüber lange und gründlich nachgedacht und kann deshalb mit Überzeugung zu mir sagen: Du hast dich dafür entschieden – und du tust das Richtige. Auch wenn mir besonders das deutsche Publikum sehr fehlen wird.

Queen Esther Marrow: Gründerin der Harlem Gospel Singers will ein Buch schreiben

Was sind das für andere Dinge, die Sie demnächst vorhaben?

Marrow: Ich möchte ein Buch schreiben, möchte wieder Solokonzerte in den USA geben, und ich will zurück auf die Theaterbühne. Ich will wieder spielen, wieder meine Flügel ausbreiten, und dazu gehört für mich auch, Dinge wieder zu entdecken, die ich früher gemacht und geliebt habe.

Bedeutet das, dass sich die Harlem Gospel Singers auflösen?

Marrow: Sie sind Sänger und das werden sie auch weiter bleiben, das ist ihr Job. Es wird nicht mehr Queen Esther und die Harlem Gospel Singers gemeinsam auf der Bühne geben, soviel kann ich definitiv sagen.

Als Obama gewählt wurde, da waren Sie überglücklich und haben große Hoffnungen in ihn als Präsidenten der USA gesetzt – wie geht es Ihnen jetzt nachdem Trump gewählt worden ist?

Marrow: Ich bin nicht besonders glücklich. Ich mag den Gedanken nicht, dass ein Mann wie Donald Trump gewählt worden ist, um unser Land zu regieren. Er ist ein Mann, der zu unbeherrscht ist, um ein Land wie die Vereinigten Staaten zu führen. Er und der Präsident von Nordkorea, das sind zwei Jungen, die nach dem Motto „tit for tat“ - nach dem „Wie du mir, so ich dir“-Prinzip – handeln. Wenn der eine den Knopf drückt, tut’s der andere auch und dann – puff! Für alle Dinge, die passieren, gibt es einen Grund, und hinterher werden wir darüber sprechen, was der Grund war. Beispielsweise dafür, dass Trump seines Amtes enthoben wurde. Mit ihm kehrt das böse Gesicht der Bigotterie zurück, das des Glaubens an die weiße Überlegenheit. All das, was wir in den Tagen von Martin Luther King bekämpft haben, als wir für die gleichen Rechte aller Menschen auf die Straße gegangen sind.

Wie würden Sie die Stimmung in Ihrem Land beschreiben?

Marrow: Es fühlt sich so an, als würden die Menschen den Atem anhalten. Wie konnte es zu diesem Wechsel kommen? Das kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein! Ich glaube, dass man da dran gedreht hat, dass an der Elektronik, mit der ausgezählt wurde, etwas manipuliert worden ist.

Sie haben schon vor einigen US-Präsidenten im Weißen Haus gesungen - würden Sie das auch vor Donald Trump tun?

Marrow (richtet sich dabei hoch auf und artikuliert sehr deutlich): No, Ma’am! No way! Never ever!

War es schwer, das Programm für die letzte Tournee zu gestalten?

Marrow: Ja, war es. Aber wir haben einige großartige Songs, die dem, was in der Welt los ist – einer Welt, in der es immer mehr Gewalt gibt und immer mehr Organisationen, die Hass-Parolen gegen Menschen verbreiten – etwas Positives entgegensetzen. Die vom Glauben an die Liebe, an Frieden und Glück handeln, davon, dass man das gemeinsam verwirklichen kann. Ich bitte Gott vor jedem Konzert, mir zu erlauben, seinen Geist weiter zu geben und uns alle damit zu berühren. Die einzige Chance, die wir haben ist Gott und die Chance, die er uns gegeben hat.

Werden neue Sänger dabei sein?

Marrow: Nein. Alle Sänger und auch die Musiker waren schon mit mir unterwegs. Am längsten dabei ist der Painist Anthony Evans – er begleitet mich schon seit 20 Jahren. Mein neuestes „Baby“ ist die Sängerin Jahlisa Norton, eine Altistin, die seit 2013 bei uns ist.

Gründerin der Harlem Gospel Singers: Queen Esther Marrow blickt auf ihre Karriere als Sängerin zurück

Gibt es etwas, was Sie heute anders machen würden?

Marrow: Ich würde es genauso machen, aber ein bisschen anders doch. Ich wünschte, ich hätte Musik studiert und könnte für mich selbst spielen, mich selbst begleiten, und besäße die Möglichkeit, Stücke zu orchestrieren. Das ist das, was ich anders machen würde.

Beim Karrierestart nannten Sie sich nur Esther, ohne Queen – warum?

Marrow: Wenn man vom Land kommt, so wie ich, dann spielt man als Kind viel draußen. Und wenn es Zeit zum Essen war, dann rief meine Großmutter aus dem Fenster über die Häuser hinweg: „Queeeeeeeeeeeen Es-ther, Zeit zum Essen.“ Das hatte ich am Anfang immer noch im Ohr. Später habe ich dann die Queen doch wieder hinzugefügt, schließlich ist das mein Name.

Sind Sie immer noch so tief verwurzelt in Ihrer Heimatstadt Newport News?

Marrow: Es ist nicht mehr so, wie es mal war. Das Leben dort hat sich stark gewandelt, die Nachbarn sind andere, nicht mehr die, die ich von klein auf kannte. Sicher, dort war mein Zuhause, auch unser altes Haus ist noch da und die Erinnerungen, aber es ist heutzutage nicht immer leicht, den Leuten in Newport News zu erklären, was ich da so in New York mache.

Konzerte: Leipzig am 14. Januar im Gewandhaus, am 16. Januar in Berlin im Friedrichstadt-Palast. Jeweils 20 Uhr.

Karten für die Harlem Gospel Singers gibt es beispielsweise bei TiM Ticket und an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

(mz)