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Prozess Prozess: Pumuckl muss weiter auf Okay für Freundin warten

Von Sabine Dobel 26.04.2007, 15:29
Die Pumuckl-«Autorin»- Elis Kaut betritt am Donnerstag (26.04.2007) den Gerichtssaal des Landgerichts München I. in München (Oberbayern). (Foto: dpa)
Die Pumuckl-«Autorin»- Elis Kaut betritt am Donnerstag (26.04.2007) den Gerichtssaal des Landgerichts München I. in München (Oberbayern). (Foto: dpa) dpa

München/dpa. - Tatsächlich war der Gegenstand derVerhandlung für den kleinen Klabauter von allerhöchstem Interesse. Esging um seine Zukunft, seine erste Freundin und vielleicht sogarseine Hochzeit. Denn darüber sind seine beiden «Mütter» - seineErfinderin Ellis Kaut und die ursprüngliche Zeichnerin Barbara vonJohnson - in einen heftigen Streit geraten. Nun sollte dasLandgericht München I entscheiden. Doch die Fragen wogen zu schwer -das Gericht vertagte am Donnerstag die Entscheidung über den Antrag auf Einstweilige Verfügung Kauts um fast einen Monat.

Johnson, die ursprüngliche Zeichnerin der beliebten Figur, hattesich im März bei einem Malwettbewerb unter dem Motto «eine Freundinfür Pumuckl» engagiert. Die Kinder sollten eine Freundin für denrothaarigen Klabauter zeichnen, der Sieger sollte an einer «Hochzeit»teilnehmen dürfen.

«Der Pumuckl ist ein Geist und kann nicht plötzlich heiraten»,stellt Kaut aufgebracht in einer Sitzungspause klar. Pumuckl sei ihreFigur. «Da wird meine Handlung einfach fortgesetzt - und dasHineinziehen vom Sexuellem, das ist einfach nicht drin!» Und alsJohnsons Anwalt Nikolaus Reber in der Verhandlung die Leistung seinerMandantin als «Mutter der grafischen Figur» hervorhebt, wirft sie ihmzu: «Ich habe die größere Leistung!» Johnson selbst ist nichtgekommen, sie sei in Paris gewesen und sitze noch im Flieger,berichtet ihr Bekannter Wolfgang Krause, der an ihrer Stelle imProzess auf der Beklagten-Bank Platz nahm.

«Es muss für Johnson möglich sein, sich mit der Figurauseinanderzusetzen», argumentiert Anwalt Reber, den Hartgummi-Pumuckl als Maskottchen vor sich auf dem Tisch. Schließlich seiPumuckl ja einmal verliebt gewesen, außerdem sei er ein Urenkel derKlabauter - und bei denen gebe es bei dem Dichter ChristianMorgenstern Klabautermann, Klabauterfrau und Klabauterkind. «Ich weißnicht, ob man dann sagen darf: Er darf sich mit dem anderenGeschlecht gar nicht befassen», schließt Reber seine Beweiskette.Kauts Anwältin Dorothee Wilcke hingegen will diese Frage gar nichtgern im Mittelpunkt sehen: «Es geht nicht um das publikumswirksameThema: Muss ein Pumuckl keusch sein.» Vielmehr gehe es darum, dassJohnson grundsätzlich nicht den Eindruck erwecken dürfe, sie habeEinfluss auf die weitere Entwicklung der Geschichte.

«Wir sehen uns nicht in der Lage, das heute abschließend zuentscheiden», sagte der Vorsitzende Richter Konrad Retzer amDonnerstag nach knapp eineinhalbstündiger Verhandlung. Es gehe um die«schwierige Abwägung» zwischen Kunst- und Meinungsfreiheit undUrheberpersönlichkeitsrecht. Zudem sei unklar, ob schon alleine durchdie Ankündigung der Hochzeit Kauts Urheberpersönlichkeitsrechtverletzt sei - oder erst durch eine «weiter gehende Entwicklung» -etwa die Hochzeit selbst.

Der Streitgegenstand ließ auch den Richter nostalgischzurückblicken auf die ersten Streiche des rothaarigen Kobolds in den60-er Jahren, damals noch in Hörspielen. «Ich kann mich selbst nochgut daran erinnern, auch weil es noch keinen Fernseher gab.» Undnicht ohne Bedauern stellt er fest: «Die sehr positive Beziehung derParteien hat sich leider nicht so günstig entwickelt, und deshalbsitzen wir wahrscheinlich auch hier.» Immerhin ziehen sich dieZivilstreitigkeiten der beiden Pumuckl-«Mütter» seit Jahren hin,zuletzt ging es um Johnsons Beteiligung an den Rechten von Pumuckl-Filmen. Auch Außenstehende gerieten dabei in die Mühlen der Justiz:Einmal klagte Johnson gegen eine Metzgerfamilie, die einen selbstgebastelten Pumuckl ins Schaufenster gestellt hatte.

Zu dem neuen Prozess hat Johnson den kleinen Pumuckl aufParagrafen turnend gezeichnet. Kaut wiederum, nach Pumuckls Meinungzu dem Verfahren befragt, gibt sich diskret: «Ich wüsste, wem er hierim Raum was angetan hätte - aber ich sag es nicht.»